Wir folgen einer endlos erscheinenden Schotterpiste. Es ist heiß, doch wir lassen die Fenster geschlossen, denn eine dicke Staubfahne markiert unseren Weg hinein in die Sierra Nevada. Unermütlich rattert und klappert unser Auto über die holprige Piste. Wieso eigentlich klappert? Oh, das war wohl eine unserer Radkappen, die sich davonstehlen wollte! Doch sie hatte keine Chance zu fliehen und wurde kurzerhand wieder eingefangen.
Zum Glück dauerte es nicht mehr lange und wir erreichten unser Ziel: Bodie. Eine ehemalige Minenstadt mit allem drum und dran: Fabrikgebäuden, einer Schule, einem Fitnesstudio, einer Bar und vielem mehr. Seit Jahrzehnten lebt niemand mehr in dieser alten Goldminenstadt. Verlassen steht das Dorf einsam mitten im Nirgendwo als Überbleibsel vergangener Tage.
Die meisten Räume sind noch immer komplett eingerichtet, vieles wurde hier scheinbar einfach stehen und liegen gelassen. Tische, Betten, Stühle, alte Konserven und Bücher, alles schlummert nun seit Jahrzehnten friedlich unter Staub und Spinnenweben.
Immer wieder wischen wir den Staub der Straße von den alten Fenstern und blicken hinein in längst vergange Zeiten. Vor unserem geistigen Auge erwachen die alten Gemäuer und sind erneut erfüllt von quirligem Leben … Eine Mutter steht in der Küche, in der Hand die Rührschüssel voll süßem Kuchenteig. Ihre Kinder rennen ungeduldig um sie herum und zerren an ihrem Rockzipfel, denn sie möchten gerne etwas vom Teig probieren.
Nebenan sitzt der Apotheker im weißen Kittel in seinem Labor tief über seine Waage gebeugt. Vorsichtig und konzentriert wiegt er die verschiedensten Pülverchen ab, um diese in säuberlich beschriftete Fläschen für seine Patienten zu füllen. In seinem großen Apothekerschrank findet er das richtige Mittelchen für jedes Leiden.
Die Schulglocke hallt durch den Ort und läutet den Unterricht ein. Im Klassenraum blickt der Lehrer streng über seine Nickelbrille hinweg zu seiner Schulklasse, während er die Hausaufgaben abfragt. Nervös rutschen die Schüler auf den hölzernen Bänken umher und bangen, dass sie keinen Fehler begangen haben.
Aus dem Kaufmannsladen an der Ecke hört man das schallende Gelächter des Kaufmanns, der mit seinen Kunden über die neusten Begebenheiten in der Stadt redet und im Hintergrund hört man das Klavier aus dem gegenüberliegenden Saloon. Es riecht nach Rauch und altem Whiskey.
Jedes Fenster, durch das wir blickten erzählte eine andere Geschichte. Durch Staub und Glas hindurch reisten wir zurück in die Vergangenheit. Ehe wir uns versahen hatten wir so einen ganzen Tag in der Geisterstadt Bodie mit unserer Zeitreise zugebracht. Aber wir lieben auch einfach solche Lost Places voller unerzählter Geschichten und Geheimnisse, die unter dem Staub der Jahrzehnte schlummern und darauf warten neu entdeckt zu werden.
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