Unter unseren Füßen knirscht das Präriegras, die Sonne brennt auf uns herab. Sanfte grüne Hügel so weit das Auge reicht. Und da endlich, entfernt am Horizont, viele schwarze Punkte. Wir haben sie gefunden die Bisonherde des Grasslands National Parks. Um jedoch so weit zu kommen mussten wir ein paar Kilometer zurücklegen.
Der Begriff „Prärie“ bezieht sich auf ein trockenes, steppenartiges Gebiet in Nordamerika. Vielen wird diese Region, die im Regenschatten der Rocky Mountains liegt, auch unter dem Begriff „The Great Plains“ – die große Ebene – bekannt sein. Normalerweise verbindet man wohl eher die USA mit diesem Begriff, doch auch hier in Kanada gibt es sie, die klassische Prärie und zwar im Grasslands National Park.
Der Grasslands National Park liegt im Süden der Provinz Saskatchewan, nur 30 Kilometer von der amerikanischen Grenze entfernt. Der Park gehört zu der sogenannten Mischgras-Prärie. Wie der Name schon sagt, kommen hier also die verschiedenste Gräser, aber kaum Bäume vor.
Wieso man sich trotzdem aufmachen sollte, dieser abgelegenen „Wiese“ einen Besuch abzustatten?
Nun ganz einfach: der Grasslands National Park ist der einzige Park in Kanada, der die Graslandprärie repräsentiert – und zwar mit all seiner einzigartigen Flora und Fauna! Denn auch wenn es erst den Anschein erweckt, als ob es hier nicht viel zu entdecken gäbe, ist hier so einiges los!
Wildtiere im Grasslands National Park
Auch wenn das Land auf den ersten Blick trocken und eintönig erscheint, ist es dennoch Heimat für eine Vielzahl an Tieren. Die ersten Bewohner lassen sich dabei schnell und einfach entdecken, wenn man dem “ Ecotour Scenic Drive“, einer 80 km langen Schotterpiste durch den Park, folgt.
Schon von Weitem kann man die Erdhügel der seltenen Schwarzschwanz-Präriehunde sehen. Wieso sie Präriehunde heißen hört man schnell, wenn man sich ihnen nähert:
Aufmerksam steht auf jedem Hügel ein Präriehund auf den Hinterpfoten und schaut, ob Gefahr droht. Kommt man ihnen jedoch zu Nahe, stellen sie sich auf vier Pfoten und stoßen dabei Warnrufe aus, die an ein (etwas quiekendes) Bellen erinnern. Obendrein wackelt bei jedem Bellen der kleine, schwarze Schwanz aufgeregt hoch und runter, bevor die Tierchen blitzschnell in ihrem Bau verschwinden, um an anderer Stelle wieder zu erscheinen.
Zu putzig ist dieses Schauspiel anzuschauen, sodass wir diesen kleinen Tieren, die in Kanada nur hier vorkommen, viel Zeit widmeten.
Auch am Abend suchten wir die Präriehund-Kolonien auf, denn wo es soviele Präriehunde und Ziesel gibt, sind hungrige Räuber nicht weit. So hofften wir jedenfalls. Doch leider ließen sich weder Coyote, noch Kaninchenkauz oder der sehr seltene Schwarzfußiltis blicken. Nur in der Ferne stimmten die Coyoten ihr allabendlich Geheule an, als die Sonne hinter dem Horizont verschwand.
Doch so schnell wollten wir nicht aufgeben und standen pünktlich zum Sonnenaufgang abermals an der Kolonie und warteten … und warteten. Nichts. Etwas geknickt gingen wir zum Auto, holten für zwei Stunden den verpaßten Schlaf nach und machten uns wieder auf den Weg, denn wir wollten wandern gehen.
Auf dem Weg hatte zum Glück wenigstens ein Kaninchenkauz Mitleid und schenkte uns, mit seinen langen Beinen auf einem Stein stehend, einen etwas grimmig wirkenden Blick. Später sahen wir auch noch einen großen Coyoten. Aber dieser rannte so schnell davon, dass an ein Foto nicht einmal zu denken war!
Daher machten wir uns auf, die größten Bewohner des Parkes aufzustöbern: das Präriebison.
Auf den Spuren der Bisons
Früher wäre es kein Problem gewesen ein Bison zu sehen, als über 60 Millionen Tiere noch durch die Weiten der Grasebene zogen.
Doch dann kamen die Europäer und richteten ein wahres Massaker im 19 Jahrhundert an: Güterwagonweise wurden Knochen an Düngefirmen verschickt – das Fleisch galt als wertlos.
Schon bald waren die Bisons beinahe ausgerottet. Doch zum Glück nur beinah und so kann man, wie z.B. hier im Nationalpark, noch wilde Bisons umherstreifen sehen … wenn auch nur ein paar Hunderte.
Wir wußten, dass die Mütter mit den Kälbern sich weit im Osten an der Grenze des Parks aufhielten. Fernab der aufbrausenden Bullen, die direkt an der Straße standen und die Hinweisschilder zum Kratzbaum umfunktionierten – richtige Bäume sind nun einmal Mangelware hier in der Prärie.
Also packten wir viel Wasser ein, denn Wasser ist hier mit das Wichtigste. Davon verbrauchten wir bei den heißen Temperaturen, die hier herrschten, gut 10 – 12 Liter am Tag. Dies bedeutete aber auch, dass wir täglich zum Campingplatz fahren mußten – 45 km Dirtroad. Aber was soll’s.
Dann ging es quer durch das Grasland immer ‚gen Osten. Einen festen Weg gab es nicht aber das ist hier nicht schlimm. Schließlich kann man meilenweit schauen.
Immer weiter stapften wir durch das Gras, die Sonne brannte unermüdlich auf uns hinab und auch die Mücken meinten es nicht gerade gut mit uns. Wenigstens waren an diesem Tag keine Klapperschlangen unterwegs gewesen, denn schon einmal wurden wir durch eine aufgeregtes, warnendes Rasseln darauf hingewiesen, dass dieser Schattenplatz bereits reserviert war! Aber hier gab es keinen Schatten und somit keine Schlangen. Nur uns, das Gras und die unendliche Weite.
Nach einer gefühlten Ewigkeit fragten wir uns langsam, ob wir überhaupt in die richtige Richtung liefen? Das trockene Gras knirschte monoton unter unseren Füßen, die Sonne brannte auf uns herab und kein Bison war weit und breit zu sehen. Nur die Vögel zogen ihre Runden im strahlendblauen Himmel … Vögel? Kreisten etwa schon die gierigen Aasgeier über uns?
Stetig ging es weiter durch die Ebene. Endlich sahen wir erste Anzeichen der Bisons. Hufspuren! Und sie führten sogar in die Richtung, in die wir liefen! Immer öfter kamen neue Hinweise dazu: plattgelegenes Gras, Fellreste, frische Kothaufen. Immer und immer weiter folgten wir den Spuren bis wir schließlich in der Ferne schwarze Punkte erkannten. Hunderte schwarze Punkte. Da waren sie endlich, die Bisonherde des Grasslands Nationalparks!
Nun gab es kein Halten mehr und immer zügiger liefen wir ihnen entgegen. Als wir die Herde endlich erreichten, schlichen wir uns immer vorsichtiger heran, stets im Hinterkopf, den richtigen Sicherheitsabstand zu wahren. Schließlich ist so ein Bison mit seinen gut 400 kg schon sehr respekteinflössend und es kann trotzdem 50 km/h schnell rennen … im Gegensatz zu uns.
Wir beobachten die Bisons eine Weile, doch blieben wir nicht lange unentdeckt: Köpfe hoben sich, Nüstern wurden in die Luft gereckt und dann kam auf einmal Bewegung in die Herde. Immer mehr Tiere begannen zu rennen und wir konnten das Beben der Erde unter unseren Füßen spüren …
Aber die Herde hatte zum Glück nicht zum Angriff geblasen sondern rannte davon. Schon bald war sie nur noch weit in der Ferne zu sehen, sodass wir uns – glücklich über diesen beeindruckenden Anblick – auf den Heimweg begaben.
Wenn es Nacht wird Grasslands National Park
Wer einmal einen Sonnenauf- oder untergang in der Prärie erlebt hat, wird dies nicht so schnell vergessen. Der unendlich erscheinende Horizont, der am Tage so monoton wirkt, erwacht auf einmal zum Leben und leuchtet dabei in den unterschiedlichsten Rot- und Lilatönen.
Vorallem der Sonnenaufgang ist dabei ein Spektakel, für das es Geduld braucht, denn dank fehlender Berge und Bäume kann man schon früh die ersten Anzeichen der aufgehenden Sonne sehen. Bei uns dauerte der Sonnenaufgang knapp 2 Stunden – vom ersten Leuchten bis zum erscheinen der Sonne am Horizont.
Doch auch nach dem Sonnenuntergang ist der Tag noch nicht vorbei und es bleibt weiterhin faszinierend! Denn der Grasslands National Park gehört zu den „Dark Sky Preserves“, d.h., man kann ohne störende Lichtquellen den Himmel und die Milchstraße in all ihrer Pracht beobachten. Nur hin und wieder, wenn man Glück hat, wir die Dunkelheit durchbrochen vom Leuchten der Nordlichter, die hoch oben am Himmel tanzen.
Unser Fazit zum Grasslands National Park
3 Tage haben wir im Grasslands National Park zugebracht. Geschwitzt aber auch unvergleichliche Tiere beobachten können. Von einer wunderschönen Landschaft ganz zu schweigen.
400 km Dirtroad haben ihre Spuren hinterlassen: der Staub ist in jede Ritze unseres Autos und jede Körperfalte gekrochen.
Vor unserem weiteren Weg nach Westen zu unserem nächsten Park – dem Elk Island National Park – müssen wir erst einmal einen ausgiebigen Waschstopp einlegen. Auch auf die Gefahr hin, dass wir erneut hunderte Kilometer Schotterpisten fahren werden.
2 Responses
Heidi Giebl
Wunderschöner beeindruckender Bericht und einzigartige großartige Aufnahmen! Eure drei Tage Grasslands NP super! … Danke für das Teilen eurer Eindrücke!
Thomas
Hallo Heidi,
vielen Dank für deinen netten Kommentar. Hat mich sehr gefreut das zu lesen.
Viele Grüße
Thomas