Einmal am Nordkap in Nord-Norwegen zu sein – am nördlichsten Punkt Europas – das ist für viele ein Traum. Egal ob Auto-, Rad-, Motorradfahrer oder Wanderer. Jeder möchte hier, am Ende der Welt, unter dem berühmten Globus stehen. Doch gerade über diesen Punkt gibt es immer viele Diskussionen, denn eigentlich ist das Nordkap garnicht der nördlichste Punkt Europas.
Das Nordkap liegt auf der norwegischen Insel Magerøya in der gleichnamigen Kommune Nordkapp. Das Kap befindet sich auf 71°10’21“ nördlicher Breite. Und genau das ist das Problem: es liegt auf einer Insel! Auf Magerøya gibt es einen Punkt, der sich 1,4 km nördlicher befindet als das Nordkap. Dieser Punkt – der Knivskjellodden – liegt auf 71°11’08“ nördlicher Breite, ist jedoch nur über eine 8 km lange Wanderung zu erreichen.
Und betrachtet man alle zu Europa gehörenden Inseln, so findet sich der nördlichste Punkt auf Spitzbergen (81° nördlicher Breite) bzw. von Eurasiens auf Franz-Josef-Land (81°51′ nördlicher Breite) – je nach Ansichtsweise. Der nördlichste Punkt des europäischen Festlandes ist übrigens eine Landzunge namens Kinnarodden auf der Halbinsel Nordkinn. Dieser Punkt liegt auf 71°08’01“ nördlicher Breite.
Nichtsdestotrotz ist das Nordkap der nördlichste – mit einer Straße zu erreichende – beliebteste Aussichtspunkt Europas und ein Magnet für zehntausende Touristen, die alljährlich hierher pilgern. Vor allem in den zweieinhalb Monaten, in denen die Sonne nicht mehr untergeht, ist es hier richtig voll. Jeder möchte die Mitternachtssonne am Nordkap erleben. Und so machten auch wir uns auf zum Nordkap, den Tourirummel mal selbst in Augenschein nehmen …
Ankunft in Norwegen am Nordkap
Der norwegische Sommer war dieses Jahr recht feucht und regnerisch. Immer wieder machten uns Regentage einen Strich durch die Rechnung und wir mussten geplante Wanderungen verschieben und abwettern. Als jedoch der Wetterbericht einen sonnigen Tag – den einzigen für eine gesamte Woche – am Nordkap versprach, machten wir uns zügig auf ‚gen Nordkap.
Wir fuhren den ganzen Tag, denn einige hundert Kilometer lagen vor uns und wer das Autofahren in Norwegen kennt weiß, dass sich die Straßen hier unendlich in die Länge ziehen können. Wir starteten unsere Fahrt bei bestem Wetter. Doch als wir den Nordkaptunnel durchquerten, erwarteten uns dicke Wolken auf der anderen Seite – schließlich war hier erst für den nächsten Tag Sonne vorhergesagt. Also alles kein Problem.
Um 23:30 Uhr erreichten wir die Pforten des Nordkap-Parkplatzes in dichtem Nebel. Man konnte kaum 10 m weit schauen. Ein 24h-Ticket ist übrigens sehr teuer. Zwar darf man für die 560 NOK (für 2 Personen) auf dem Parkplatz 24 Stunden stehen, alles anschauen und sogar übernachten, doch rechtfertigte dies für uns noch lange nicht diese Gebühren. Die Ausstellungen waren ok, doch im großen und ganzen befinden sich in der Nordkaphalle nur kostenpflichte Souvenirshops und Restaurants.
Wem es reichen würde nur den berühmten Globus zu sehen, der sollte das Nordkap zwischen 01:00 Uhr nachts und 11:00 Uhr morgens besuchen, denn in dieser Zeit ist die Nordkaphalle geschlossen (die Toiletten sind nur zwischen 01 Uhr und 08 Uhr geschlossen) und damit der Besuch kostenlos. Keine Angst, zum Globus gelangt man trotzdem, da man um das Gebäude herumgehen kann.
Nun gut, wir hatten also den Parkplatz bezahlt und statteten der Nordkaphalle einen ersten Besuch ab. Vor selbiger standen bereits gut 10 Reisebusse und in dem Gebäude war es gerammelt voll. Alle hofften eben auf die Mitternachtssonne, die sich aber hinter dickem Nebel versteckte. Schnell flüchteten auch wir ins Gebäude, denn ein eisiger, starker Wind wehte und trieb nicht nur uns, sondern auch dichte Wolkenfetzen vor sich her.
Doch im Gebäude war es uns zu voll. Man musste sich durch Menschenmengen zwängen und verstand fast sein eigenes Wort nicht mehr.
Draußen am Globus waren wir dank des Wetters dagegen fast allein, denn viele zogen es vor aus der sicheren Deckung des warmem Gebäudes ein Foto zu machen. Sehr lustig, hunderte von Leuten zu sehen, die mit ihren Smartphones und Tablet an den Fensterscheiben aufgereiht waren.
Doch nach einer kurzen Weile verzogen auch wir uns in unser warmes, ruhiges Auto und hofften auf die morgige, versprochene Wetterbesserung. Es war bereits 02:00 Uhr nachts und das gute Wetter sollte nicht lange auf sich warten lassen!
Nur 2 Stunden nachdem wir ins Bett gegangen waren zeigte sich die Sonne. Die Wolken rissen immer mehr auf und ein blauer Himmel zeigte sich endlich. Also hieß es raus aus den Federn bevor die ersten Reisebusse kamen. Wir hatten den Globus fast für uns allein. Wir machten in Ruhe unsere Bilder, genossen die ersten, wärmenden Sonnenstrahlen, denn noch immer wehte ein kalter Wind, und schlenderten verschlafen über das Gelände.
Gegen 06:00 Uhr setzten wir uns vor unser Auto und versuchten uns mittels eines Kaffees aufzuwärmen. Überall aus den Autos und Wohnmobilen kamen verschlafene Gestalten zum Vorschein und trotteten zum Nordkap-Globus. Kaum das unser Kaffeewasser kochte kamen auch schon die ersten Reisebusse und es wurde wieder voll am Nordkap. Eine Hurtigrute hatte im Hafen von Honningsvåg angelegt und schaffte nun Busladung für Busladung ihre Passagiere hierher. Wir genossen noch etwas unseren Kaffee und unsere Ruhe, bevor es auch für uns weiter ging. Schließlich wollten wir noch zum Knivskjellodden wandern …
Wanderung zum Knivskjellodden – der nördlichste Punkt Europas
Lässt man die entlegen Inseln von Spitzbergen und Franz-Josef-Land außen vor, so könnte man den Knivskjellodden als den nördlichsten Punkt Europas bezeichnen.
Er liegt 1400 m weiter nördlich als das Nordkap. Doch da der Felsen hier sanft ins Meer abfällt ist er weniger spektakulär als das Plateau des Nordkaps. Dazu ist er verkehrstechnisch nicht erschlossen, sodass man 8 km bis zum Knivskjellodden wandern muss – und zurück. Genügend Gründe, wieso es am Knivskjellodden gegenüber zum Nordkap noch recht beschaulich zugeht.
Zwar waren wir dank unruhigen zwei Stunden Schlaf recht müde, doch wollten wir uns diese Wanderung nicht entgehen lassen, schließlich war bestes Sonnenwetter. Und so pilgerten wir – zusammen mit unzähligen anderen Wanderern, die alle das gleiche dachten – 8 km bis zum Knivskjellodden.
Der Weg war recht steinig und dank des Regens der letzten Tage auch äußert matschig. Bereits nach wenigen Metern hatten wir klitschnasse Füße. Dies hatte jedoch den Vorteil, dass man nun einfacher laufen konnte, versuchte man doch nun nicht mehr wie über Eierschalen über die Schlammpfützen zu balancieren.
Am Knivskjellodden angekommen genossen wir die Aussicht auf das Nordkap und das Eismeer, welches sich strahlend blau vor uns erstreckte. Doch da, war da nicht gerade ein Ausblasen eines Wales? Gespannt starrten wir auf das Wasser. Minuten vergingen. Nichts geschah. Doch dann hörten wir es erst wieder und sahen es dann auch. Drei Wale – zwei ausgewachsene und ein Jungtier – schwammen an der Küste entlang und hinein in den Fjord. Was gab es schöneres als eine Walfamilie vor dem Nordkap zu beobachten? Es war einfach traumhaft. Immer wieder verschwanden die Großen minutenlang unter Wasser, während das Kalb auf sie wartete. Ziemlich nah schwammen sie an der Küste entlang und tief hinein in den Fjord, dass uns schon Angst und Bange wurde. „Hoffentlich stranden die friedlichen Riesen nicht!“, dachten wir ängstlich. Doch irgendwann drehten sie wieder ab und schwammen zurück ins offene Meer.
Und dort draußen schien der Rest ihrer Familie auf sie zu warten, denn weit in der Ferne sah man unzählige Fontainen in die Luft blasen. 10, 15 Walen mussten dort draußen noch auf sie warten. Nur zu gerne hätten wir jetzt ein Boot gehabt um hinaus zu ihnen zu kommen. Doch so genossen wir das Szenario aus der Ferne und wanderten glücklich und zufrieden und etwas verbrannt von der Sonne zurück zu unserem Auto. Dort k.o. vom Schlafmangel angekommen, fuhren wir zurück zum Nordkap für einen letzten Besuch und um uns auf den Toiletten von Schweiß und Matsch zu befreien.
Bei strahlendem Sonnenschein gingen wir auf Toilette und als wir wenige Minuten später wieder hinaus traten, hatte sich das Wetter um 180° gedreht. Wind peitschte über das Nordkapplateau und dichter Nebel versperrte einem die Sicht. Es war richtig kalt und ungemütlich. „Da haben wir also alles richtig gemacht“, dachten wir uns, als wir müde aber glücklich zu unserem Nachtlager fuhren.
Fazit
Das Nordkap ist schon eine Reise wert. Doch uns hätte ein Blick auf den Globus und die Wanderung zum Knivskjellodden genügt. Das Geld für die Nordkaphalle hätten wir uns gut und gerne sparen können. Dennoch war es ein unvergessliches Erlebnis und Nord-Norwegen ohne Nordkap? Das geht ja nun nicht, oder doch?
5 Responses
Claudia
Nö, Nord-Norwegen ohne Nordkap geht nicht. Manchmal muss man eben so was richtig „touristisches“ machen ;-)
Tolle Bilder. Danke fürs Zeigen!
lump007
1970 Da wahren vieleicht 5 Besucher pro Tag am Kap 1958 wurde die erste Nordkaphalle errichtet. Der unglaubliche heutige Touristenansturm 250000 pro Jahr auf dem Felsplateau nimmt jedoch einiges vom Zauber dieses wirklich bewegenden Naturschauspiels. Das Nordkap ist nicht mehr wie früher frei zugänglich, es wird jetzt eine kräftige Eintrittsgebühr verlangt (April-Sept). Das nenen ich Kulturfrevel !
Petra Schwarz
Hallo Thomas, ich kann natürlich verstehen, dass Du gegenüber Touristen und den ganzen Bum eine eigene Meinung hast. Ich musste aber auf diese Art der Reise zurück greifen, da ich sonst nicht zum Nordkapp gekommen wäre. Deine Bilder sind traumhaft schön und erinnern mich an eine schöne Zeit, in Norwegen mit meinem Mann und mich mit meinem Rolli. Liebe Grüße Petra.
Irmi
Hallo, wir sind gerade am Nordkap, und es ist dichter Nebel. Danke also für die schönen Bilder, so habe ich wenigstens eine Vorstellung davon, wie es hier bei schönem Wetter ist. Ihr hattet ja wirklich Glück!
Thema Eintrittsgeld: Aktuell ist es so, dass jeder KOSTENLOS hier PARKEN darf und dass es auf dem Parkplatz auch Toiletten gibt! Wir verzichten gerne auf die Nordkaphalle. Und auch im feuchten Nebel und mit kaltem Wind haben das Kap und der frei zugängliche Globus ihren Reiz!
Irmi
Ergänzung zu meinem Kommentar:
Der aktuelle Eintrittspreis beträgt € 31,- pro Person.