Seitdem wir am 02. November in Ushuaia angekommen sind hat sich unser Reisealltag schlagartig verändert. Wir sind nicht mehr unabhängig in der Fortbewegung und haben nicht mehr unser eigenes Zuhause dabei. Eine starke Veränderung, die mir sehr schwer fällt.
Aktuell bewegen wir uns mit dem Bus von A nach B – stundenlang ohne anzuhalten. Egal ob Flamingos, Guanakos oder Nandus in der Landschaft zu entdecken sind. Egal ob Kondore an einem toten Guanako um das Fleisch streiten. Zu oft rauschten wir an interessanten Stellen vorbei, an denen ich nur zu gerne angehalten hätte, an denen ich in meinem Inneren „Stopp“ geschrien habe. Ich bin nicht derjenige, der im Bus sitzt, sich die Ohren mit Kopfhörern zustöpselt oder die Busfahrt verschläft. Mein Blick ist stetig aus dem Fenster gerichtet. Oft drängte sich mir während solch einer Fahrt der Gedanke „Tiertransport“ auf. Ich starre zwar nicht durch Gitterstäbe hinaus und meine Endstation ist zum Glück nicht der Schlachthof, aber die Sehnsucht nach dem „da draußen“, der vorbeiziehenden Landschaft, ist dieselbe.
Schnell fällt mir beim Beobachten der vorbeiziehenden Landschaft das Nächste auf: Zäune. Kilometerlang, so weit das Auge reicht. Wo könnte man hier mit dem eigenen Auto stehen und übernachten? Wenn ich an unsere Zeit in Nordamerika zurückdenke war meist die undurchdringliche Natur unsere Begrenzung, erst in Utah/Arizona mit den Navajoreservaten häuften sich Zäune.
Die Fahrt von A nach B bedeutet von Stadt zu Stadt. Dies, was ein Jahr lang eher Beiwerk war, nämlich Städte, ist nun zum Hauptpunkt geworden. Das vergangene Jahr bedeutete von A nach B sich innerhalb der Natur zu bewegen, wirkliche Städte steuerten wir meist nur im Zuge von Flügen an. Aber nun bewegen wir uns wie die Busse von Stadt zu Stadt und die Natur dazwischen wird zum Beiwerk oder muss mit einem weiteren Bus extra angesteuert werden oder durch die kurzzeitige Miete eines Autos.
Kommen wir in einer neuen Stadt an müssen wir uns eine Unterkunft suchen. Wir haben es aufgegeben über das Internet vorzubuchen. Diese Recherche ist zeitintensiv und nervig. Vor Ort ist es zwar genauso nervig und durch unser Gepäck etwas umständlicher die Unterkünfte abzuklappern, aber wir haben den Vorteil das Zimmer gleich vor Ort sehen zu können. Fotos gaukeln einem somit nicht mehr vor, was schon längst nicht mehr ist. Ferner haben wir festgestellt, das die Preise direkt an der Rezeption günstiger sind als bei den bekannten Online-Portalen. An die Geräusche der Stadt muss ich mich auch erst wieder gewöhnen, vor allem beim Einschlafen. Ich kann mich noch gut daran erinnern wie es im Grasslands Nationalpark oder den Wüsten der USA war, als uns Kojoten „Gute Nacht“ sagten.
Wir haben aufgrund fehlendem eigenem Auto kein Zuhause mehr dabei. Deshalb die oben beschriebene Unterkunftssuche. Bei der Wahl unserer Unterkunft vermeiden wir mittlerweile Hostels, denn wir hatten bisher nur 1x Glück in einem zu sein, in dem wir nicht Mutti oder Vati spielen und den Kram der Kleinen wegräumen mussten. Es ist einfach ätzend wenn man in die Küche kommt, kochen möchte und erstmal Geschirr spülen und die Küche putzen muss. Details aus Gemeinschaftsbädern erspare ich euch. Besser kommen wir mit Bed & Breakfast Unterkünften mit eigenem Bad klar. Zwar ein „teuer“ erkaufter Nervenfrieden aber das ist es uns wert. Ganz zu schweigen, dass auch einfach die Gespräche z.B. beim Frühstück interessanter sind. Hier werden Reisegeschichten und keine Party- oder Alkoholgeschichten ausgetauscht.
Ich bin mir bewusst, dass ich noch immer privilegiert bin reisen zu können, nichtsdestotrotz fühle ich mich nicht mehr frei, sondern abhängig von zu vielen anderen Leuten.
Aber die wohl unerfreulichste Sache seit unserer Ankunft in Südamerika ist: wir sind am laufenden Band krank. Habe ich eine fiebrige Grippe ist Manu gesund. Bin ich gesund bekommt Manu eine heftige Bronchitis. So geht das seit Wochen im Wechsel. Wobei wir gerade, nach unserer Wanderung im Torres del Paine Nationalpark, parallel krank sind.
Viel Kritik an einem Kontinent, den wir noch nicht wirklich gesehen haben!? Nein, denn es geht nicht gegen Südamerika, sondern es geht gegen unsere aktuelle Art des Reisens mit der es uns schwer fällt uns zu arrangieren. Die Landschaft ist schön und, dass die Tierwelt Patagoniens nicht mit Nordamerika oder Tasmanien mithalten kann wissen wir selbst.
Jetzt heißt es erstmal gesund werden und hoffentlich auch endlich mal bleiben damit wir die nötige Gelassenheit finden uns auf den veränderten Reisealltag einzulassen um die Schönheit Südamerikas zu entdecken. Und wenn’s gar nicht geht: die Welt bietet noch so viele Länder, die wir nicht gesehen haben, in denen man relativ einfach mit dem eigenen Auto reisen kann.
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