Die Insel Senja im Norden Norwegens hat viele interessante Berge zu bieten, doch der spektakulärste ist für mich der 639 m hohe Segla: Seine Südwestflanke fällt derart senkrecht ins Meer zum Mefjorden ab, dass man vom Gipfel des Segla geradewegs einen Stein ins Meer werfen kann. Ich fand dies wirklich unfassbar als ich oben stand. Die Wanderung auf den Segla ist in meinen Augen nur etwas für schwindelfreie Menschen und im wahrsten Sinne atem(be)raubend spektakulär.
Der Tag begann für uns alles andere als aufregend, denn um 10 Uhr regnete es noch immer. Also fuhren wir erst einmal mit unserem CamperVan nach Finnsnes für einen Großeinkauf. Nachdem wir alle Besorgungen erledigt hatten und es glücklicherweise aufgehört hatte zu regnen fuhren wir nach Fjordgård in der Kommune Lenvik. Dieses kleine Fischerdörfchen am Ørnfjorden stellt die Ausgangsbasis für eine Wanderung auf den Segla dar.
Wir parkten unser Auto auf dem Parkplatz neben der Schule von Fjordgård. Diesen Parkplatz erreicht man, wenn man die erste Straße links hoch fährt sobald man den Ortseingang passiert hat. Von diesem Parkplatz startet dann der kurze, gerade einmal 4 km lange (hin und zurück) Wanderpfad. Trotz der kurzen Distanz sollte man sich jedoch nicht zu früh freuen, denn der Weg hat es in sich, schließlich muss man auf gerade einmal zwei Kilometern Weglänge knapp 600 Höhenmeter überwinden.
Zunächst begann unsere Wanderung mit einer gemächlichen Steigung und führte durch ein kleines Wäldchen. Im Anschluss daran erreichten wir eine Freifläche, an deren Rand wir einen kleinen See – den Storevatnet – sahen. Von hier hatten wir einen guten Blick auf den Segla und konnten erahnen, was uns noch erwartete. Ein Blick Richtung Osten zeigte den Gipfel des Barden (659 m) wie er oberhalb des Storevatnet thronte.
Noch mehr Wanderungen auf Senja:
Die Wanderung auf den 632 m hohen Husfjellet ist relativ leicht. Leicht deshalb, da während der gesamten Wanderung der Anstieg relativ gleichmäßig und moderat ist und man keine Kletterpassagen zu überwinden hat. Vor allem, wenn man diese Wanderung mit der Besteigung des Segla, der ebenfalls auf Senja liegt, vergleicht! [Weiterlesen]
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Nach dieser Freifläche wurde der Anstieg deutlich steiler: In Serpentinen schlängelte sich der Weg vorbei an großen Felsbrocken und vereinzelten zarten Birkenbäumchen einem Sattel entgegen. Als wir diesen erreichten schnauften wir erst mal kräftig durch und genossen von knapp 300 m Höhe die tolle Aussicht auf den Mefjorden mit den Küstendörfchen Mefjordvær und Senjahopen auf der gegenüberliegenden Seite.
Nach einer kurzen Pause machten wir uns an das letzte Stück des Weges: Die Strecke ist zwar nur lächerliche 600 m lang, dafür geht es aber 300 m aufwärts! Unser Blick folgte ehrfürchtig dem Pfad und wir mussten unsere Köpfe schon weit in den Nacken legen, um der fast schnurgeraden Route folgen zu können. Den Gipfel sahen wir jedoch nicht.
Für den Aufstieg in diesem Abschnitt ist es ist nicht verkehrt die Hände zum Vorwärtskommen zu nutzen, so kerzengerade geht es stellenweise nach oben. Obwohl der Weg unsere volle Aufmerksamkeit verlangte fiel uns auf halben Weg zu linker Hand im Steilhang ein Fahrrad auf. Wie das wohl dorthin gekommen ist und wieso um alles in der Welt möchte jemand mit dem Fahrrad rauf auf den Segla? Um letztendlich diesen unglaublich steilen Weg hinunter zu fahren?
Die letzten 10 – 20 Höhenmeter flachte der Anstieg merklich ab und es ging über große Felsplatten der Spitze entgegen. Noch ein paar letzte Schritte und wir standen auf dem Gipfel. Die Aussicht vom Gipfel des Segla, auf dem eine norwegische Fahne weht und es ein Gipfelbuch gibt, war phänomenal.
Vor lauter Schwelgen aufgrund der atemberaubenden Aussicht sollte man jedoch nicht vergessen sich äußerst vorsichtig auf dem Gipfel zu bewegen, da dieser aus vielen großen Felsen/Felsplatten besteht und es – wie bereits eingangs geschrieben – über 600 m senkrecht in den Mefjorden hinab geht.
Wir waren jedenfalls völlig aus dem Häuschen als wir auf diesem einmaligen Gipfel standen und das Meer lediglich einen Steinwurf (sieht man von der Höhe ab) von uns entfernt war. Der Anblick der umliegenden Bergwelt, die sich schroff und rau, jedoch auch unglaublich faszinierend in die Fjordlandschaft von Senja einfügt, war von besonderer Schönheit. Wir erblickten den Breidtinden, den höchsten Berg von Senja, den wir drei Tage später erklimmen sollten. Wir waren im Gipfelrausch und in Gedanken sahen wir uns jeden Gipfel erwandern, um keine Aussicht zu verpassen.
Auch wenn die Aussicht noch so schön war mussten wir uns irgendwann von dieser trennen und den spektakulären Gipfel des Segla verlassen. Der Abstieg hatte es wieder in sich und dieser Artikel beschreibt unsere Erfahrungen bis hinab zum Sattel, wo wir dann zum Glück das steilste Stück hinter uns gebracht hatten.
Zurück am Auto belohnten wir uns – als wäre die Aussicht vom Segla nicht schon mehr als genug gewesen – mit ein paar Schokoböllern, die es hier überall in den kleinen Einkaufslädchen der Insel zu kaufen gab.
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