Vor drei Monaten ging die erste Folge von Running the Distance online. Am 28. Januar war dann das große Finale zu unserem Videoprojekt mit dem 50 km Ultramarathon in Rodgau Dudenhofen. Sowohl Markus als auch ich kamen am Wettkampftag ordentlich ins Schwitzen! Running the Distance war mein erstes ernsthaftes Videoprojekt, an dem ich zusammen mit Markus mehrere Wochen lang arbeitete. In diesem Artikel lasse ich Revue passieren, was ich alles gelernt habe, was mich beeindruckt hat und überhaupt wie es war trotz Winter insgesamt fünf Folgen von Running the Distance zu produzieren.
Die Geburt des Videoprojekts
Das gemeinsame Projekt nahm seinen Lauf im Frühjahr 2016 als mir Markus eine Email nach Südamerika schickte, ob ich nicht mal wieder Lust auf ein Video hätte. Meine ersten Video-Gehversuche machte ich mit „Lauftreffer“. Ich bat um mehr Details und als Markus mir schrieb, dass er gerne eine Serie über seine Marathon-Vorbereitung drehen würde war mein Interesse geweckt. Zum Frankfurt Marathon oder zur Dokumentation eines darauf ausgerichteten Trainings würde ich nicht greifbar in Deutschland sein. Also einigten wir uns auf einen möglichen Ultramarathon bzw. einen Frühjahrsmarathon. Die Idee von „Running the Distance“ war geboren.
Im Laufe des Jahres schrieben wir immer Mal ein paar Ideen in einem gemeinsamen Textdokument nieder und einigten uns letztendlich auf den 50 km Ultramarathon in Rodgau Dudenhofen als Finale und auf die Dokumentation eines darauf ausgerichteten Trainings. Erst mit der Zeit wurde uns bewusst, dass wir uns eine nicht gerade einfache Jahreszeit zum Drehen ausgesucht hatten: im Winter wird es früh dunkel und das Wetter ist meist nass-kalt. Für einen Läufer weniger das Problem, für die Kamera schon eher. Es kam dann doch anders als unsere Befürchtungen, aber wer konnte schon ahnen, dass sich der Winter in der Rhein-Main-Region von seiner eher untypischen Seite zeigen würde … Für die Rhein-Main-Region ist es im Winter nämlich nicht normal, dass es schneit. Meist herrschen Temperaturen um die 5°C und es regnet. Ganz untypisch aber zumindest zu meiner Freude lag an ein paar Tagen Schnee, so dass wir diese winterliche Stimmung in eine Folge mit einfließen lassen konnten.
Filmen und Laufen im Winter
Eine Sache hat mich an Markus über den gesamten Verlauf des Videoprojekts beeindruckt: er wurde nie krank! Egal ob in unserem Freundes-/Bekanntenkreis von Erkältung über Grippe bis hin zum Norovirus alles vertreten war oder wir bei -9°C drehten. Wir versuchten zwar so viele Drehtage wie möglich in Markus‘ Training zu integrieren bzw. beides parallel laufen zu lassen, was bedeutete, dass ich mit Kamera sozusagen das Beiwerk des Trainings darstellte, aber meistens trafen wir uns doch an extra Drehtagen. Dabei musste Markus oft kurze Strecken laufen, in der Kälte stehen, Kleidung wechseln, etc. Gute Bedingungen um krank zu werden, aber irgendwie hat er es souverän gemeistert. Vielleicht verrät er seinen Trick ja mal auf seinem Blog …
Oft trafen wir uns am Wochenende zwischen 08 und 09 Uhr. Dies bot eine schöne Lichtstimmung und wir konnten den eisigen Morgen – wenn es mal wieder über Nacht zweistellige Minusgrade gab – so richtig schön einfangen. Am besten in Erinnerung geblieben ist mir dabei der Tempodauerlauf um den Patershäuserhof: ein vorzüglicher Wintermorgen an dem Markus richtig schwitzte und sein Körper bei -9°C ordentlich in der Morgensonne dampfte. Viele Szenen dieses Drehs sind in Folge 2 eingeflossen.
Ohne Drehbuch ist es Zeitverschwendung
Zum ersten Mal trafen wir uns an einem sonnigen Sonntag Mitte November. Es ging etwas Wind, welcher die herbstlichen Blätter von den Bäumen wehte und die Temperaturen waren angenehm. Ein wirklich schöner Drehtag. Wir hatten im Kopf, welche Sachen wir in der ersten Folge von Running the Distance zeigen wollten aber konkrete Szenen oder gar ein ausgearbeitetes Drehbuch hatten wir nicht niedergeschrieben.
Den halben Tag waren wir bei bestem Wetter beschäftigt, hatten unseren Spaß aber wirklich viel rum kam trotzdem nicht. Einfach deshalb, da wir uns zu wenige Gedanken über die einzelnen Szenen im Detail gemacht hatten. Aus diesem Grund können wir die Szenen, welche wir letztendlich von diesem wundervollen Herbsttag verwendeten an einer Hand abzählen.
Nach dieser kleinen Lehrstunde gingen wir anders an die Sache heran. Detailliert schrieben wir auf, was wir zeigen wollten. Markus schrieb den Text, welchen er erzählen wollte, nieder und bei Bedarf passten wir die Szenen daran an. Des Weiteren schrieben wir auf wie lange eine Szene dauern und aus welcher Perspektive gefilmt werden sollte.
Dadurch erhielten wir unser ganz persönliches Drehbuch und wir konnten bereits im Vorfeld erkennen wie viele Szenen wir für wieviel Minuten Video brauchen würden. Ferner verstrich nicht mehr ungenutzt Zeit, in der wir an einer Lokalität krampfhaft über Ideen für Szenen nachdachten, da wir alles niedergeschrieben hatten. Klar, im Vorfeld dauerte diese Planung Stunden, aber an den Drehtagen arbeiteten wir dafür umso effektiver.
Guter Audio-Sound ist gar nicht so leicht
In seinem Blog beschreibt Markus sehr ausführlich, weshalb er so gerne läuft: u.a. weil er gerne draußen ist und inmitten der Natur mit ihren Gerüchen und Geräuschen wunderbar abschalten bzw. kreativ sein kann. Gerüche lassen sich (noch nicht?) in einem Video vermitteln dafür aber Geräusche. Somit war klar, dass wir parallel zum Drehen des Videomaterials auch Audiosounds aufnehmen und die Umgebungsgeräusche einfangen wollten.
Bereits durch die Aufnahme kleinerer Videoclips während meiner Weltreise wusste ich, dass dafür das kamerainterne Mikrofon suboptimal ist. Ferner kommt hinzu, dass der Bildstabilisator des Objektivs deutlich zu hören ist, sobald ich freihand Filme (und dies machte ich in 80% der Fälle). Somit hatte ich in der Vergangenheit in einen kleinen Audiorekorder investiert, welcher neben der zu filmden Szene stand oder auf den Blitzschuh der Kamera montiert Geräusche aufzeichnete. Dieser nahm zwar super die Audiosounds auf, aber wir stellten auch fest, wie laut die Rhein-Main-Region ist: so gut wie keine Aufnahme ist ohne Flug- oder Straßenlärm. Teilweise warteten wir minutenlang bis ein Flugzeug weit genug entfernt war, um die Aufnahme zu starten. Oder wir fuhren sogar bis nach Goldbach, um dort im Wald Szenen zu drehen und Audioaufnahmen zu machen.
Nach all den Drehtagen kann ich schreiben, dass der Audiorekorder zwar gut ist, aber viel zu viel aus der Umgebung an „Störgeräuschen“ mit einfängt und ich am Klang sagen kann ob wir den von Markus gesprochenen Text in der Wohnung, im Auto oder im Wald aufgenommen haben. Für ein zukünftiges Video würde ich in ein neues Mikrofon investieren, welches – ich drücke mich mal etwas laienhaft aus – Geräusche zielgerichtet an der Quelle aufnehmen kann. Ich müsste mich da noch in die Materie einlesen aber ich glaube, dass ein Richtmikrofon das ist, was ich suche.
Die Musik macht’s
Neben der Aufnahmequalität des gesprochenen Textes und dem Einfangen von Audiosounds, welche die Umgebung akustisch wiedergeben, ist Musik ein sehr wichtiger Punkt für die Wirkung eines Videos auf die Zuschauer. Ich finde sogar, dass die Mischung aus Audio-Sound und Musik einen höheren Stellenwert hat, ob einem ein Video gefällt oder nicht, als Unschärfen in Szenen und/oder nicht aufeinander abgestimmte Farben.
Aus diesem Grund haben wir uns viel Zeit für die Findung eines zum Video passenden Musikstücks genommen. Bereits bei der Ausarbeitung des Drehbuches sprachen wir über mögliche Hintergrundmusik: wie schnell soll sie sein, welche Stimmung soll sie generieren, etc. Vor allem war es wichtig Musik zu finden, die zum Video passt, auch wenn sie nicht unbedingt den eignen Musikgeschmack trifft bzw. die eigenen Vorlieben bedient. Viel entscheidender war, welche Stimmung das Musikstück transportiert.
Hier lernte ich einen bemerkenswerten Fakt hinzu: Musik, die ich als ruhig empfand und die sich in meinen Augen sehr gut mit gesprochenem Text kombinieren ließ, empfand Markus oft als langweilig, einschläfernd und oftmals traurig. Dieses kurze Beispiel verdeutlicht wie wichtig es ist bei der Musikauswahl für das eigene Video Sorgfalt walten zu lassen.
Markus stieß bei seinen Recherchen auf die Musikbibliothek von Youtube, welche sehr viele frei und kostenlos verwendbare Musikstücke anbietet und wir sehr empfehlen können.
Manueler Fokus erfordert zusätzliche Arbeit
Ich habe die Szenen von Running the Distance mit zwei unterschiedlichen DSLR Kameras gedreht. Technikbedingt verfügen diese Kameras über keinen Autofokus. Dies sorgte des öfteren für erschwerte Drehbedinungen und ich konnte Markus das ein ums andere Mal seufzen hören, wenn ich zum x-ten Mal den richtigen Sitz des Fokus versemmelt hatte und wir die Szene erneut drehen mussten. Richtig schwer wurde es wenn ich mit der Kamera in der Hand neben Markus auf dem Rad herfuhr. Um dies einigermaßen bewerkstelligen zu können musste vorher eine exakte Laufroute für Markus und für mich eine Fahrroute festgelegt werden.
Auch wenn durch die Sache mit dem Fokus das Drehen erschwert wurde, finde ich es in dieser Art viel besser als wenn ich im Video einen „pumpenden“ Autofokus bemerken würde.
Drehen mit künstlichem Licht
Etwas nervig fand ich es in Räumen zu drehen, da ich dabei zusätzlich zu den Kameras noch zwei starke Lampen – einen Halogenstrahler und einen Baustrahler – mitschleppte. Auf der einen Seite wurde die Szenerie zwar besser ausgeleuchtet aber zugleich wurden auch die Schatten deutlicher. Den Farbstich ins orangene, welchen die Lampen verursachten, konnte ich einigermaßen in der Nachbearbeitung kompensieren. Am meisten hat mich jedoch das Flimmern, welches die Lampen verursachten, genervt und diesem wurde ich in der Nachbearbeitung nicht Herr.
Videobearbeitung am Rechner
Genau wie beim Fotografieren gestaltete es sich so, dass je mehr Zeit ich mir nahm die Kamera ordentlich einzustellen was die Belichtung angeht, ich im Nachhinein umso weniger am Rechner machen musste. Hierzu habe ich mich immer am Histogramm, welches mir die Kamera zeigte, orientiert und zusätzlich einen sehr farbschwachen und wenig geschärften Bildstil verwendet. Auf dem Display der Kamera sahen die aufgenommenen Clips dann recht blaß aus, aber in der Nachbearbeitung am Rechner konnte ich das wunderbar kompensieren.
Die Videos habe ich am Rechner mit Adobe Premiere CS 5 bearbeitet. Dabei habe ich das Programm hauptsächlich verwendet um die einzelnen Clips zusammenzusetzen und das aus der Hand gedrehte Material zu stabilisieren, damit die Szene nicht so stark wackelt. Die Stabilisierung sorgte leider dafür, dass die Bildqualität merklich drunter leidet. Aber ich hatte keine Wahl, denn z.B. das Material, welches ich mit dem Rad gedreht habe, fand ich ohne Stabilisierung ungenießbar. Ansonsten habe ich noch versucht die Farben anzupassen, sowie etwas Licht und Schatten zu optimieren. Beides allerdings nur in sehr geringem Maße.
Das Negative
Nicht immer waren Zuschauer unseren Videos bzw. gegenüber dem Training von Markus wohlwollend eingestellt. Es gab Stimmen, die ließen verlauten, dass es uns an Kreativität mangelt, immer das gleiche, wir kopieren andere Videos und produzieren langweiliges Material voller Selbstinszenierung. Andere verstanden nicht den Anspruch einen Ultramarathon zu laufen. Was denn so herausragend an weiteren acht Kilometern im Vergleich zum Marathon sein sollte!? Es wäre nichts besonderes. Im Gegensatz dazu würde ein Videoprojekt z.B. über die Vorbereitung 100 km Biel was ganz anderes sein.
In Zeiten des Informationszeitalteres kommt man Dank Internet sehr leicht an umfangreiche Informationen. So haben wir uns auch verschiedene Tipps & Tricks angelesen oder Tutorials angeschaut. Gerne habe ich mir Gedanken, Ansichten, etc. von dslrguide.tv angeschaut. Einen Nachtteil hat das Ganze jedoch: man achtet sehr bei Filmen oder TV Serien auf das angelesene Wissen, findet Fehler, etc.
Das Positive
Die ersten Folgen unseres Videoprojekts wurden bisher über 500 mal abgespielt und alle Folgen zusammengenommen hatten mehr als 2000 Zuschauer. Viel nettes und positives Feedback haben wir bekommen. Nicht nur, dass unsere Folgen den Zuschauern gefallen, nein, andere empfanden sie auch als motivierend und probierten von Markus geschilderte Trainingstipps aus.
Dies sind zwar Rückmeldungen, die mich erfreuen, aber weiter bringen sie mich nicht wirklich, denn mich interessiert ganz konkret was dem Zuschauer gefällt und was nicht. Aus diesem Grund haben mich vor allem die Fotografen Wolfgang und Mathias, sowie Lars, Hannes und Patrick als Personen mit umfangreicher Videoerfahrung weitergebracht. Mit ihrem Lob, ihren Kommentaren – fast zu jeder Folge!!! – haben sie dazu beigetragen, dass die Folgen letztendlich so sind wie sie vorliegen.
One Response
Markus
Hi Thomas,
so laut gestöhnt habe ich nun auch wieder nicht ;-)
War ein tolles Projekt, das mir viel Spaß gemacht hat. Und ich bin sehr zufrieden mit unseren Videos! Nur das Drehbuch zur letzten Folge hätte etwas erfolgreicher enden können…
Beste Grüße und vielen Dank
Markus