Im Nordwesten von Island liegt eine Halbinsel, die durch eine von über 50 Fjorden zerklüftete Küstenlandschaft geprägt ist. Auf Isländisch wird diese Region, welche auf der Karte fast wie eine aufgespreitzte Hand aussieht, als Vestfirdir, zu deutsch Westfjorde, bezeichnet. Nachdem wir fünf herrliche Tage auf der Snæfellsnes Halbinsel verbracht hatten machten wir uns auf den Weg zu den Westfjorden in Island. Dieser Artikel stellt eine Zusammenfassung mit allerlei Wissenswertem und Tipps zu den Westfjorden von Island dar, in denen wir eine Woche unterwegs waren.
Wissenswertes zu den Westfjorden von Island
Charakteristisch für die Westfjorde ist die stark zerklüftete Küstenlinie mit ihrer Vielzahl an Fjorden, die etliche Kilometer in die Halbinsel hineinreichen können. So schneidet der Ísafjardardjúp als größter Fjord circa 75 km in die Halbinsel ein und verzweigt sich in viele Nebenfjorde.
Immer mehr Menschen ziehen sich aufgrund der isolierten Lage zum restlichen Island aus den Westfjorden zurück. Die Straßen, vorwiegend Schotterpisten, können im Winter lange verschneit und unpassierbar sein. Wetterumschwünge können äußerst heftig und unangenehm sein. Ferner gibt es seit Verlagerung der Schafzucht und Fischverarbeitung in andere Gebiete nicht mehr viele Arbeitsplätze, sodass Gegenden wie Hornstrandir verlassen sind.
Dagegen entdecken immer mehr Touristen die Westfjorde und ihre landschaftliche Vielfalt und Natur für sich, sodass sich seit mehreren Jahren der wachsende Tourismus zu einem wichtigen regionalen Wirtschaftsfaktor entwickelt hat. Vorbei sind die Zeiten, als die Westfjorde noch als Geheimtipp galten und sich nur Outdoor-Enthusiasten dorthin wagten.
Tipps zu den Westfjorden von Island
Ist man den Komfort der asphaltierten Ringstraße Nr. 1 gewohnt, muss man sich in den Westfjorden auf kilometerlange, serpentinenlastige Schotterpisten einstellen. Zudem sind die Landverbindungen aufgrund der Fjorde sehr weit. Dies hat zur Folge, dass Fahrten mit dem Auto nicht nur deutlich länger dauern, sondern auch anstrengender sind. Eben mal schnell von Reykjavík in die Westfjorde düsen ist nicht.
Wir fuhren von der Snæfellsnes Halbinsel in die Westfjorde, wo ganz im Süden der Ort Reykhólar unser erstes Ziel war. Hier konnten wir neben dem Schwimmbad nicht nur kostengünstig mit der Campingcard übernachten, sondern es gab auch noch ein kleines Vogelschutzgebiet zu besichtigen. Man kann auch die Fährverbindung zwischen Stykkishólmur und Brjánslækur (Fähre Baldur) nehmen, um in die Westfjorde zu gelangen. Jedoch war uns dies zu teuer.
Schiffswrack in den Westfjorden von Island
Unser erstes Ziel tiefer in den Westfjorden oder vielleicht DAS Ziel, welches die meisten in den Westfjorden ansteuern, war der Vogelfelsen Látrabjarg. Auf dem Weg dorthin (sobald man die Straße Nr. 62 verlässt und auf die Straße Nr. 612 biegt) kommt man unweigerlich an dem Schiffswrack der Gadar BA 64 vorbei, welches dort vor sich hin rostet. Es ist sogar ein Picknickplatz eingerichtet.
Raudisandur
Kurz nach dem Schiffswrack Gadar BA 64 bietet sich die Möglichkeit links in die Straße 614 abzubiegen. Sobald man die Passhöhe erreicht hat, schlängelt sich die Schotterpiste hinab auf Meeresniveau. Dort angekommen steht man vor einem der wenigen goldgelben Stände Islands, welches sich sonst im schwarzen Lavasandgewand präsentiert. Der Strand ist über die Jahrhunderte durch den Zerfall von Muschelgehäusen entstanden und je nach Tageszeit und Wetterstimmung kann der Strand auch mal rötlich schimmern. Außer ein paar Häusern und der schwarzen Kirche von Saurbær gibt es hier nicht viel, so dass sich vor allem ein Spaziergang entlang der Küste anbietet.
Kirche am Strand von Saurbær
Am Strand von Raudisandur befindet sich auch die Kirche von Saurbær. Die Kirche wurde Anfang der 60er Jahre in Reykhólar erbaut und dann Anfang der 80er nach Saurbær transportiert. Sie zählt zu den wenigen schwarzen Kirchen ins Island.
Der Vogelfelsen Látrabjarg in den Westfjorden Islands mit Papageientauchern und mehr
Kurz bevor sich die Straße 612 von der Küste entfernt und über Ebenen nach Látrabjarg führt kommt man unmittelbar vor Hnjótur an einem weiteren weißen Sandstrand vorbei. Dank 40 km Schotterpiste zog es sich ganz schön, bis wir die Klippen von Látrabjarg erreichten, aber unser CamperVan meisterte die Strecke mit Bravour. Kalt und neblig empfingen uns die Steilklippen, aber dennoch beobachteten wir Papageientaucher, die in Island Lundi genannt werden. Aufgrund der geringen Sicht beschlossen wir zurück zum Hotel Breidavík zu fahren, da es dort auch einen Zeltplatz gibt. Dies ist zudem der einzige Zeltplatz in der Umgebung, da der frühere Zeltplatz nahe der Kolonie geschlossen wurde und es nun verboten ist, dort zu nächtigen.
Insgesamt waren wir viermal zu unterschiedlichen Tageszeiten am Vogelfelsen von Látrabjarg und unternahmen auch einen Spaziergang entlang der 14 km langen Klippen. Wir entdeckten nicht nur Papageientaucher an den über 400 m steil abfallenden Klippen, sondern auch Dreizehenmöwen, Eissturmvögel, Schmarotzermöwen, Lummen und Alke. Dicht über der Wasseroberfläche glitten Eiderenten im Formationsflug dahin und die ein oder andere Robbe sahen wir auch. Es war ein Ort, an dem wir sehr viel Zeit verbringen konnten. Wer mehr über den Vogelfelsen von Latrabjarg wissen möchte, garniert mit zahlreichen Fotos von Papageientauchern, findet dies alles hier in einem Artikel.
Exkurs:
Wer eine Tour rund um Island auf der Ringstraße macht, dem bietet sich von Egilsstadir im Osten Islands eine Alternative zu Látrabjarg: Ca. 70 km von Egilsstadir entfernt liegt der Vogelfelsen von Bakkagerði, der über eine unbefestigte Schotterstraße zu erreichen und ebenfalls die Brutregion von Papageientauchern ist. Unsere Erlebnisse hier haben wir in diesem Artikel niedergeschrieben.
Tálknafjödur
Nachdem wir 36 Stunden an den Vogelfelsen von Látrabjarg verbracht hatten fuhren wir weiter durch die Westfjorde, vorbei an Patreksfjödur (benannt nach dem irischen Heiligen St. Patrick) und dessen karibisch weißen Sandstränden bis nach Tálknafjödur. Der Rand des Dorfes bietet sich für weitere Vogelbeobachtungen an – so hatten bei uns die Eiderenten gerade Nachwuchs – und es gibt einen rustikalen Hot Pot.
Der Dyjandi – der höchste Wasserfall der Westfjorde
Die Fahrt von Tálknafjördur zum Dynjandi und weiter bis nach Pingeyri, dem ältesten Handelsort der Region, war ein absolutes Streckenhighlight: Auf Schotterpisten schlängelte sich die Strecke von Bucht zu Bucht, es ging rauf und runter, eine spektakuläre Fernsicht folgte auf die nächste und die Landschaft war einfach fantastisch.
Auf dem Weg zum Dynjandi schlängelt sich die Straße wieder hinunter zum Fjord. Unten angekommen legt man den Kopf weit in den Nacken, um einen der schönsten und beeindruckendsten Wasserfälle Islands zu bestaunen wie er breit aufgefächert in zahlreichen Kaskaden 100 m in die Tiefe stürzt. Man hat die Möglichkeit bis an den Fuß des Dynjandi zu spazieren und passiert auf dem Weg sechs kleine, jedoch nicht minder schöne Wasserfälle. Wer mehr über die Wasserfälle Islands wissen möchte findet in diesem Artikel zu jedem Wasserfall, den wir besucht haben, einen kurzen Text inklusive Foto.
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Der botanische Garten Skrúdur in den Westfjorden Islands
Unser nächster Stopp in den Westfjorden war der liebevoll angelegte botanische Garten Skrúdur. Dieser liegt bei Núpur an der Straße 624, die von der 60 abzweigt. Die Straße ist komplett asphaltiert, da hierhin auch Ausflüge von Touristen von Kreuzfahrtschiffen unternommen werden. Ursprünglich war der Garten ein Schulgarten, in dem sowohl Nutz- als auch Zierpflanzen aus der Gegend angepflanzt wurden. Der botanische Garten Skrúdur hat uns so gut gefallen, dass wir einen ganzen Artikel über dieses Kleinod geschrieben haben.
Ísafjördur – die „Hauptstadt“ in Islands Westfjorden
Von Núpur fuhren wir weiter auf der Straße 60 gen Norden. Die größte Stadt – mit knapp 2.500 Einwohnern – in den Westfjorden ist Ísafjördur, welche zugleich auch als Wirtschafts- und Verwaltungszentrum fungiert. Die Stadt liegt am größten Fjord der Westfjorde Islands, dem Ísafjardardjúp, der circa 75 km lang ist und sich in zahlreiche Nebenfjorde verzweigt. Damals wie heute ist der Fischfang von großer Bedeutung, wobei immer mehr Kreuzfahrtschiffe in Ísafjördur anlegen, sodass der Tourismus immer mehr an Bedeutung gewinnt.
Seit 2006 wird jährlich die Europameisterschaft im Matschfussball in Ísafjördur Ende Juli / Anfang August ausgetragen und die Stadt ist mit Linköping in Schweden bzw. dem oberbayrischen Kaufering verschwistert.
Wer im Rahmen eines kleinen Spaziergangs eine Aussicht auf Ísafjördur genießen will kann den gegenüber vom Flughafen liegenden 225 m hohen Naustahvilft erklimmen. Ein Gipfelbuch gibt es auch.
Aussichtspunkt bei Bolungarvík
Von Ísafjördur gelangt man durch einen Tunnel schnell in das weiter nördlich gelegene Bolungarvík. Quert man einmal die Stadt kann man der Schottenpiste Nr. 630 weiter folgen und schraubt sich den Berg hoch. Nach einiger Zeit kommt ein Abzweig, der zu einer Radarstation führt. Wer nicht so früh im Jahr (Ende Mai) wie wir hier vorbeikommt kann sein Auto stehen lassen und zum Bolafjall und weiter zum Flatafjall wandern, von wo man gut auf Bolungarvík hinabschauen kann. Schnee verhinderte dieses Vorhaben bei uns.
Polarfuchszentrum
Folgt man dem Verlauf der asphaltierten Straße Nr. 630 von Ísafjördur in südöstlicher Richtung, so gelangt man nach einiger Zeit in den kleinen Ort Sudavík. Dort gibt es das Polarfuchszentrum, welches eine Ausstellung betreibt und sich auch mit der Erforschung des Polarfuchs beschäftigt. Ein kleines Café und eine gemütliche Sonnenterrasse komplettieren das Angebot.
Nationalpark Hornstrandir
Sowohl in der Touristeninformation in Ísafjördur als auch im Polarfuchszentrum in Sudavík kann man sich über Hornstrandir und den gleichnamigen Nationalpark informieren. Hornstrandir ist die nördlichste Halbinsel Islands, und während sie im Winter menschenleer ist verkehren im Sommer regelmäßig Boote von Bolungarvík und Ísafjördur dorthin, denn in dem knapp 600 km2 großen Naturschutzgebiet kann man geführte Exkursionen oder mehrtägige Wanderungen unternehmen. So kann man zum Beispiel entlang der Küste von Hornbjarg nach Reykjarfjödur wandern.
Drangsnes
Das kleine Fischerörtchen Drangsnes, an der Straße 645 gelegen, schmiegt sich an den Steingrímsfjödur. Inmitten der felsigen Küstenlinie wurden drei Hot Pots eingelassen, sodass man bei einem Bad den Blick über das Meer schweifen lassen kann. Für uns war Drangsnes der Ausgangspunkt für die 100 km lange Fahrt nach Nordurfjördur.
Djúpavík
Auf der Fahrt nach Nordurfjördur kommt man durch das ehemalige Heringsfischerdorf Djúpavík. Wer Gefallen an Lost Places findet wird hier seinen Spaß haben, denn neben der Fischfabrik, die heute ein Museum ist, kann man riesige, vom Wetter gezeichnete Lebertrantanks begutachten, alte Dampfmaschinen bestaunen und durch die immer mehr verfallende Industrieanlage schlendern.
Nordurfjördur
Nachdem man gut 100 km auf der Schotterpiste Nr. 643 zurückgelegt hat erreicht man Nordurfjördur. Hier gibt es ein paar Häuschen, ein Restaurant und das Schwimmbad Krossneslaug, welches unmittelbar an die raue Küste gebaut wurde.
Hólmavík
Die Gemeinde Hólmavík mit ihren knapp 400 Einwohnern war das letzte Dorf, durch das wir bei unserer Reise durch die Westfjorde kamen. Der kleine beschauliche Ort lebt vorwiegend vom Fischfang und dem steigenden Tourismus.
Wer Natur und Tiere mag, etwas abseits der Haupttouristenströme unterwegs sein möchte und dabei Islands urtümliche, wilde Seite kennenlernen möchte, dem seien die Westfjorde wärmstens empfohlen.
Wer an weiteren Berichten zu Island interessiert ist findet wissenswerte Informationen in den folgenden Artikeln:
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