Die Wanderung über den Gillespie Pass verlangte uns einiges ab, vor allem Nerven wie Drahtseile. Mittels nachfolgendem Menü kann unser Wanderbericht zum Gillespie Pass gelesen oder gleich zu den Fotos bzw. dem Video über den Gillespie Pass gesprungen werden:
Infos Gillespie Pass
Tag 1: Der Tag an dem wir den Fluß überquerten – Makarora West zur Kerin Forks Hütte
Tag 2: Wir sitzen fest – Kerin Forks Hütte
Tag 3: Geld macht’s möglich – Kerin Forks Hütte zur Siberia Hütte
Tag 4: Tageswanderung zum Lake Crucible – Siberia Hütte zum Lake Crucible
Tag 5: Es geht über den Pass – Siberia Hütte zur Young Hütte
Tag 6: Zurück in die Zivilisation – Young Hütte nach Makarora West
Video Wanderung Gillespie Pass
Fotos Wanderung Gillespie Pass
Infos Gillespie Pass
Wir hatten uns entschlossen die 58 km lange Wanderung über den Gillespie Pass entgegen der allgemein beschriebenen Hauptrichtung zu wandern, da es von der Kerin Forks Hütte über Siberia Hütte und schließlich den Gillespie Pass ein längeres Bergaufstück ist. Wir bevorzugen anstrengendes langes Bergaufwandern gegenüber Bergabpassagen, welche auf die Knie drücken. Außerdem mussten wir so nicht den mit Essen für neun Tage vollbeladenen Rucksack über den Pass schleppen, was uns ebenfalls praktischer vorkam. Bevor es jedoch von der Siberia Hut über den Pass gehen sollte, wollten wir von der Kerin Forks Hütte zur Top Forks Hütte wandern und dort einen Tag bleiben, um zur North Branch mit 3 Gletscherseen (Lake Diana, Lake Lucidus und Lake Castalia) wandern zu können. Auch von der Siberia Hütte wollten wir eine Tageswanderung unternehmen und zwar zum Lake Crucible. Dieser friert im Winter zu und hält auch im Sommer noch lange seine niedrigen Temperaturen, so dass auf dem See selbst im Sommer noch Eisbrocken schwimmen sollen. Soweit unser Plan für die kommenden acht Tage, welche danke der ganzen Abstecher deutlich mehr als 100 km zusammenkommen ließen.
Wer an einer GPS Aufzeichnung bei Wikilocs interssiert ist findet diese unter diesem Link.
Gillespie Pass Wanderung Tag 1: Der Tag an dem wir den Fluß überquerten – Makarora West zur Kerin Forks Hütte
Die Nacht verbrachten wir am Ufer des Lake Wanaka, am Boundary Creek, wo es wiedererwartend sehr voll war. Als um 06 Uhr der Wecker klingelte dösten wir noch etwas, da wir als erstes auf unserer Gillespie Pass Wanderung den Makarora Fluss würden furten müssen. Dies wollten wir jedoch erst in Angriff nehmen wenn bereits wärmende Sonnenstrahlen ins Flusstal fallen, schließlich wird der Makarora von Gletscherflüssen gespeist und ist entsprechend kalt.
Wir parkten unser Auto gegenüber vom DOC Office in Makarora West und starteten um 9 Uhr. Auf der Karte im DOC Office war eine Schotterpiste eingezeichnet, welche praktisch unmittelbar auf der anderen Flussseite beginnt und bis zum Startpunkt im Wilkin Valley führt. Dieser wollten wir folgen.
Der Makarora River war nicht zu kalt und das Furten ging Dank 3-Bein-Technik relativ einfach. Auf der anderen Seite angekommen wärmten wir uns kurz in der Sonne auf, bevor wir weiter wanderten.
Wir folgten den im ausgetrockten Flussbettbereich deutlich sichtbaren Jeepspuren, welche zum Bauernhof in der Ferne führten. Nach kurzer Zeit kam ein Bauer mit seinem Jeep und meinte, dass wir die Straße nicht wandern könnten, wir müßten dem Verlauf des Flusses folgen.
Also gut, dann eben diesen Weg. Mal durch steinig-staubige Flussufer, mal durch goldbraune Wiesen. Nach kurzer Zeit mussten wir den zweiten Fluß furten. Auch dies ging einfach. Kaum waren wir fünf Minuten im Wandertrott, kam Fluss Nummero Drei zum Furten. Bei dem Fünften hörte ich auf zu zählen und war richtig genervt, da wir kaum voran kamen, denn Furten hieß jedes Mal: Rucksäcke absatteln, Schuhe und Socken aus – und je nach Tiefe auch die Hose – Badelatschen an und alles wieder auf der anderen Seite anziehen. Das kostete uns jedes Mal Zeit. Hinzu kam, dass wir immer wieder vor Stacheldrahtzäunen standen, Umwege laufen oder teilweise sogar zurück wandern mussten, da Stacheldraht uns den Weg völlig blockierte. Es war echt zum Verrückt werden.
Nach drei nervigen Stunden erreichten wir endlich das erste Schild, das auf den Wilkin Valley Track hinwies. Hier machten wir eine Pause im Schatten der Bäume und freuten uns, das wir nun den schwierigsten Teil dieses Tages hinter uns hätten und endlich zügig vorran kämen …
Der Wanderweg führte durch eine Kuhweide. Mitten auf dem Weg stand eine Kuhherde in Begleitung von fünf Bullen. Diese waren total durchgeknallt: zwei kämpften miteinander, ein anderer versuchte dazwischen zu gehen, ein vierter lief brüllend über die Weide mit Schaum vor dem Maul und versuchte die Kühe zu besteigen und Nummero Fünf interessierte sich für uns! Brüllend und mit dem Vorderhuf scharrend kam er langsam auf uns zu! Wir rissen unsere Rucksäcke von den Schultern, schmissen sie über den elektrischen Zaun, von dem wir uns sicherheitshalber nicht weit entfernt hatten, und sprangen hinterher. Wir hatten richtig Angst, denn der Bulle war ein riesen Vieh, gut und gerne 400 – 500 kg, und man sah das Spiel seiner Muskeln bei jeder Bewegung. Mein Herz rutschte mir in die Hose als der Bulle immer näher kam. Was sollten wir tun?
Wir standen ganz still, versuchten uns nicht zu bewegen und keine Gefahr für die Herde darzustellen und fragten uns, wie sicher wir wohl hinter den drei elektrischen Drähten waren … Zum Glück verlor der Bulle mit der Zeit das Interesse an uns und gesellte sich wieder zu der Kuhherde.
Wir entschieden uns, den Weg besser auf dieser Seite des Elektrozaunes fortzusetzen und gingen langsam und vorsichtig los. Unzählige kleine, matschige Bachläufe mussten wir so zwar überqueren, doch wir waren heilfroh, als wir die Kuhweide hinter uns gelassen hatten. So etwas brauchen wir wirklich nicht noch einmal!
Wir wanderten weiter am Fluss entlang, mal durch Wiesen, mal durch das ausgetrocknete Flussbett. Und dann kam endlich das Zeichen für den offiziell gekennzeichneten Wanderweg, von dem es noch weitere 5-6 Stunden bis zur ersten Hütte, der Kerin Forks, waren. Danach führte der Weg endlich in den Wald hinein und ich war froh, aus der gleißenden Sonne zu kommen, in der wir die letzten 4-5 Stunden wanderten.
Doch hier begann leider das nächste Debakel: Der Weg war eine einzige Kraxelei, er ging hoch und runter, über Bäume und Wurzeln, immer am Berghang entlang. Mit so einem schlechten Weg hatten wir nicht gerechnet. Das lag wohl daran, das viele Wanderer von der Kerin Forks Hütte des Jetboot zurück nach Makarora nehmen bzw. sich gleich zur Hütte bringen lassen.
Auf des Flussbett auszuweichen war leider keine Option, da wir nicht wußten wie der Flussverlauf war bzw. viele Bäche von den Bergen in den Wilkin Fluss mündeten und dieser entsprechend breit bzw. tief war. Hatten wir Wiesenabschnitte vor uns, hieß es sich seinen eigenen Weg durch das hüftehohe Gras zu bahnen, denn gab es im Wald an jedem zweiten Baum eine Wegmarkierung fehlten diese in den Ebenen völlig. Nur an den Enden gab es jeweils eine rote Stange, damit man den Wald an der richtigen Stelle wieder betrat, vorausgesetzt man entdeckte sie.
Nach sehr langer Zeit sahen wir endlich auf der anderen Seite des Wilkin Rivers die Kerin Forks Hütte. Zum letzten Mal an diesem Tag mussten wir furten aber dies hatte es noch mal in sich, da der Fluss sehr kalt war und eine starke Strömung besaß. Aber auch dies meisterten wir und erreichten am Abend endlich nach 9 Stunden (!!!) und 23 km Wanderung die rustikale Hütte. In ihr verweilten nur zwei ältere Wanderer, welche von der Top Forks Hütte abgestiegen waren. Es gab kein Wasser an der Hütte, da der Regenwassertank leer war. Somit mussten wir noch mal zum Fluss gut und gerne 500 m absteigen, um unsere Trinkblasen wieder zu füllen. Dabei waren wir ein gefundenes Fressen für die Sandflies. Es war zum Aus-der-Haut-fahren, der Tag war ohnehin schon nicht nach meinem Geschmack gewesen.
Als wir die Trinkwasserversorgung hinter uns gebracht hatten, konnten wir in der Hütte endlich entspannen. Wir kochten unser Abendessen und erzählten viel mit den beiden anderen Männern. Es war ein ruhiger Abend voller Wandergeschichten und Tipps für die Südinsel Neuseelands.
Gillespie Pass Wanderung Tag 2: Wir sitzen fest – Kerin Forks Hütte
In der Nacht hatte es zu regnen begonnen und als wir am Morgen auf den Fluss schauten trauten wir unseren Augen kaum: Steine, welche wir am Vortag noch im Fluss gesehen hatten, waren verschwunden. Stattdessen bretterte ein grauer, weiß schäumender Fluß ins Tal. Die beiden Regenwassertanks, am Vortag noch leer gewesen, liefen nun über. Wir hatten es nicht eilig und beschlossen zu warten bis der Regen aufhört und erst dann mit der heutigen Tagesetappe zur Top Forks Hütte zu starten.
Die zwei älteren Männer brachen am Vormittag auf. Der erste gegen 09 Uhr. Wir beobachteten ihn und sahen wir er versuchte den Wilkin Fluss zu furten. Deutlich wurde er stromabwärts getrieben und wir mussten mit ansehen wir er immer tiefer im Fluß versank. Es war ein nervenaufreibenderes Schauspiel. Letztendlich konnte er den Fluß nicht queren und wanderte wieder zurück ans Ufer. Der andere Wanderer packte seine Sachen und lief ihm nach. Zu zweit hoffte er würden sie es schaffen. Irgendwann waren sie außer Sichtweite, aber da sie nicht zur Hütte zurückkehrten vermuteten wir, dass sie es geschafft hatten den Fluss zu überqueren.
Als am Mittag noch immer nicht der Regen aufgehört hatte beschlossen wir loszuwandern. Der Pfad führte durch den Wald, so dass wir nicht den kompletten Regen abbekamen. Dennoch fielen große Tropfen von den Bäumen und auf dem Wanderweg hatten sich nicht selten knöcheltiefe Pfützen gebildet. Somit dauerte es nicht lange bis wir wieder klitschnasse Füße hatten.
Neben uns rauschte der Wilkin Fluß und wir waren uns sicher, dass es unmöglich sein würde, diesen zu furten. Dafür war er einfach zu wild, zu hoch und die Strömung viel zu stark. Wir wanderten 2 Stunden in Richtung Top Forks Hütte als wir in der Jumbo Flats vor einem Hindernis standen, dass die Entscheidung brachte: von den Bergen stürzte ein Fluß herab, den wir nicht queren konnten. Der Wanderweg führte mitten durch, doch das Wasser war so tief, dass wir nicht den Boden sehen konnten. Vorsichtiges ertasten der Tiefe mit dem Trekkingstock am Rand zeigte, dass dieser fast vollständig im Wasser versank. Wir liefen am Ufer den Wanderweg ein Stück zurück, der Abhang war hier zu steil zum Runterklettern und zu nahe am großen Wilkin Fluß. Würden wir hier abrutschen und im Wilkin Fluß landen würde uns die Störmung unweigerlich mitreißen.
Wir entschlossen uns umzukehren. Als wir am Nachmittag nass bis auf die Unterhose die Kerin Forks Hütte wieder erreichten die Überraschung: sie war voll mit 7 Leuten. Nicht anders zu erwarten hatten sie sich mit dem Jet-Boot bringen lassen. Sonst hätten sie niemals den Fluß queren können. Obwohl wir freundlich empfangen wurden kann ich nicht sagen, dass mir die Leute sympathisch waren. In den letzten Monaten habe ich mein Gespür, wer auf meiner Wellenlänge liegt und wer nicht, stark sensibilisiert und auch diesmal täuschte es mich nicht. Mit all den Leuten, ganz zu schweigen davon, dass gerade eine zweite Jet-Boot-Ladung im Begriff war angekarrt zu werden, war es in der rustikalen Hütte alles andere als gemütlich. Kein Vergleich zum Vorabend. Wir waren zwar alle mehr oder weniger durchnässt aber dennoch hatten die Erstankömmlinge sich dermaßen breit gemacht, dass es eine Nische zu finden galt. In meinen Augen macht es keinen Sinn triefend nasse Regenjacken und -hosen in die Hütte zum Trocknen zu bringen. Sie sorgen nur dafür, dass eine hohe Luftfeuchte herrscht und andere Sachen wie z.B. ein Wandershirt bei dem es mehr Sinn macht, nur schwer trocknen können. Heizt man dann die gesamte Hütte mittels Holzofen noch auf 30 Grad kann sich jeder vorstellen was für Bedingungen in der Hütte herrschten: ich sage nur, ein Türkisches Dampfbad ist nichts dagegen und in dieses geht keiner mit seiner kompletten Wanderausrüstung.
Noch bevor weitere 8 Wanderer vom Jet-Boot die Hütte erreichten, kam ein Pärchen aus Estland. Die Zwei hatten es geschafft von der Top Forks Hütte abzusteigen meinten aber, dass es sehr gefährlich gewesen sei und sie unglaublich froh sind es heil überstanden zu haben. Wenn dies ein mehr als 2 m großer … ja ein Berg von einem Mann, der mich unweigerlich an „The Rock“ erinnerte schwer hatte, möchte ich nicht wissen wie es mir ergangen wäre. Mit diesen beiden verstanden wir uns gut, suchten oft den kühlen Regen außerhalb der Hütte auf um in Ruhe fernab der unsympathischen Gruppe erzählen zu können.
Um 19 Uhr leutete die selbsternannte Hüttenchefin die Nachtruhe ein und 16 Leute quetschten sich in eine Hütte, die für 10 Personen ausgelegt ist. Aber wie hatte es die Rangerin des Overland Tracks gesagt: „Eine Hütte ist niemals zu voll bei schlechtem Wetter“.
Gillespie Pass Wanderung Tag 3: Geld macht’s möglich – Kerin Forks Hütte zur Siberia Hütte
Am nächsten Morgen war um 6 Uhr die Nacht vorbei, der Regen jedoch nicht: die Chefin stand auf und zog als erstes ihre Wanderstiefel an, um damit in der Hütte wie ein General auf und ab zu marschieren. Ganz zu schweigen davon, dass 1000 kleine Tüten und Zippbeutel laut kraschpelnd im Rucksack verstaut werden mussten. Es war ein Gelärme und Getöse an diesem Morgen – furchtbar.
Zum Glück war der Spuk um 09 Uhr vorbei. Wir waren allein mit dem Pärchen aus Estland und einem Pärchen aus Alaska, welches sich bis dahin einfach nur total still und ohne jeglichen Kontakt zu anderen auf ihrem Bett ruhig verhalten hatte. Zu sechst genossen wir diese morgendliche Ruhe und beobachteten den Wilkin River, der an seiner Wildheit nichts verloren hatte und endlich hörte der Regen auf.
Das Pärchen aus Estland machte sich als erstes auf den Weg und versuchten den Fluß zu queren. Ihr erster Versuch scheiterte, die weiteren konnten wir nicht mehr sehen. Jedoch kamen sie uns entgegen als wir gerade zur Siberia Hut loswandern wollten. Es wäre unmöglich den Fluß zu queren, es würde die Beine einfach wegreißen. Ich wollte es nicht wahrhaben und schon gar nicht noch einen Tag in der Hütte festsitzen. Aber 20 Minuten später und nass bis auf die Unterhose war auch ich überzeugt, dass heute keine Menschenkraft diesem reißenden Fluß gewachsen war.
Die Erlösung brachte um 13:30 Uhr das Jet-Boot und erleichterte uns gleich mal um 30 Dollar. Denn so viel kostete es, dass es uns über den Fluß brachte. Eine Kurzstrecke, während der wir es nicht mal schafften die Schwimmwestengurte zu schließen. 15 Dollar pro Person für 10 m. Aber was soll’s. Wir waren alle trockenen Fußes auf der anderen Seite.
Von hier erinnerte der Wanderweg sehr an einen Great Walk: total gut ausgebaut, eben, ein regelrechter Highway. Wir erklommen den Anstieg leichtfüßig und uns kamen viele Tageswanderer entgegen, die sich zu dem bei der Siberia Hütte gelegenen Flugfeld hatten fliegen lassen. Als wir den höchsten Punkt erreichten ließen wir den Blick schweifen, sahen unzählige Wasserfälle von den Bergen ins Flusstal stürzen und die weite Grasebene des Siberia-Tals.
Als wir die Siberia Hütte erreichten empfing uns lauthals ein Jungspund. Es dauerte keine drei Sekunden bis er uns unsympathisch war. Er wusste alles besser, belauschte die Gespräche der verschiedenen Wanderer untereinander und war sich nie zu müde eine Bemerkung in diese Gespräche hineinzurufen. Ein anstrengender Kerl.
Aufgrund eines Feuers 2011 war die Siberia Hütte sehr neu. Große Glasfenster für einen Blick ins Tal, zwei Schlafsäle, eine große Küche. Obwohl die Hütte so neu und modern war, hatte sie nicht den Charm der alten Kerin Forks Hütte. Ihr fehlte es einfach an Charakter, aber dieser wird mit der Zeit bestimmt kommen.
Am frühen Abend kamen zwei Deutsche, Ulrike und Adrian von ihrer Tageswanderung von den Crucible Lakes zurück. Sie waren durchnässt, denn es hatte wieder angefangen zu regnen. Ihnen war der Jungspund genauso unsympathisch wie uns. Mit den beiden Berlinern erzählten wir noch bis spät in den Abend, als es schon lange dunkel war. Die beiden trampten durch Neuseeland und hatten entsprechend alles was sie besaßen dabei, also mehr als eigentlich für die Wanderung nötig gewesen wäre. Adrian schleppte deutlich über 20 kg – der Arme.
Gillespie Pass Wanderung Tag 4: Tageswanderung zum Lake Crucible – Siberia Hütte zum Lake Crucible
Wir hatten eine geruhsame Nacht hinter uns und ließen den Tag ganz entspannt in der Küche beim Frühstück mit den anderen beginnen. Am Nachmittag sollte der Regen laut Wetterbericht vom Ranger nachlassen und wir wollten zum Gletschersee Crucible wandern.
Allerdings kam es anders als geplant, denn im Lauf des Vormittags begann der Regen stärker zu werden, so dass wir uns um 11 Uhr entschlossen loszuwandern. Das hüfthohe Gras triefte nur so von Feuchtigkeit, so dass wir innerhalb weniger Minuten nass bis auf die Unterhose waren. Den ersten Fluß mussten wir kurz nach der Weggabelung zum Gillespie Pass furten aber dank bereits nasser Schuhe ging das zügig und ohne umziehen.
Das erste wirkliche Hindernis stellte der Siberia Fluss dar. Er war recht tief und offenbarte eine starke Strömung. Obwohl wir bis zum Hüftgurt im Wasser versanken schafften wir es. Allerdings war es verdammt kalt. Ich muss auch noch erwähnen, dass die Hüfte genau die Grenze darstellt bis zu der ich einen Fluß mit Rucksack furten würde. Es geht weniger darum, dass der Rucksack nass wird, als dass sich mit eintauchen des Rucksacks schlagartig die Angriffsfläche fürs Wasser vergrößert, sozusagen verdoppelt.
Das nun folgende Waldstück stand unserer Wanderung zum Pylon in nichts nach: es war eine fast genauso steile Kraxelei und da die Wurzeln nass waren auch noch sehr rutschig. Als wir aus dem Wald hinaus kamen eröffnete sich eine Graslandschaft. Am Talende sahen wir praktisch eine natürliche Staumauer aus Felsen aufragen. Dahinter verbarg sich der Lake Crucible. Das letzte Stück war unglaublich steil und wir schnauften ganz schön. Als wir endlich oben waren und den türkisblauen See erblickten wurde ein Schalter umgelegt: starker Winde peitschte uns den Regen praktisch horizontal um die Ohren. Es hätte ungemütlicher nicht sein können und es war sch… kalt! Es dauerte nur wenige Minuten, bis wir am ganzen Leib zitterten. Jeder nahm nur eine Handvoll Nüsse und dann machten wir uns schleunigst an den Abstieg. Wir waren unglaublich schnell und erreichten nach kurzer Zeit den schützenden Wald. Hier atmeten wir erstmal durch.
Im weiteren Verlauf des Abstieges kam uns ein völlig durchnässter, älterer Mann entgegen. Dennoch hatte er ein ungetrübtes Lächeln und bei einem kurzen Smalltalk stellten wir fest, dass er sich trotz des schlechten Wetters überhaupt nicht die Stimmung vermiesen ließe. Er wollte weiter zum Crucible Lake aufsteigen und nur wenn er bis 19 Uhr nicht wieder an der Siberia Hütte sei, sollten wir nach ihm schauen und seine Frau beruhigen. Für das Furten des Siberia Flusses gab er uns noch einen Tipp für eine gute Stelle.
Dieser Tipp war gold wert, denn trotz des seit Stunden andauernden Regens versanken wir nur knapp bis über die Knöchel im Fluß. Am Nachmittag erreichten wir nach 6 Stunden im Regen – unsere Haut war schrumpelig wie nach einem langen Bad – wieder die Hütte, aber dank Feuer konnten wir Hose und Shirt zum Trocknen aufhängen.
In der Hütte trafen wir auf die Frau des älteren Mannes und noch auf einen weiteren alten Wanderer. Während wir einen Nachmittagssnack kochten, durch die großen Glasfenster auf den immer stärker werdenden Regen schauten und darauf warteten, dass Graham (so hieß der ältere Mann) wieder zurückkommt, erzählten wir mit den anderen beiden. Es waren tolle interessante Gespräche und besonders die Frau, Gail, hatte hervorragendes Wanderwissen. Am frühen Abend kam Graham endlich zurück und obwohl es so heftig am Crucible Lake regnete, hatte er es sich nicht nehmen lassen zum dortigen Schneefeld zu gehen. Allerdings hatte er etwas Probleme beim Furten des Siberia Flusses, denn dieser ging ihm bis zur Mitte der Oberschenkel. Als wir ihn furteten war er nur knöcheltief gewesen.
Es wurde ein langer, interessanter Abend. Obwohl Gail und Graham ohne weiteres unsere Eltern hätten sein können verstanden wir uns prächtig und lagen total auf einer Wellenlänge. Aufgrund einer Knieverletzung von Gail waren beide mit dem Helikopter eingeflogen. Graham wollte zurück nach Makarora wandern, während Gail zwei Tage in der Siberia Hütte verbrachte. Im weiteren Verlauf des Abends kamen sogar noch der Ranger mit seiner Frau hinzu und der Abend hätte nicht spannender sein können. Von den beiden erfuhren wir auch, dass es erst vor 2 Wochen einen Todesfall auf dem Weg zur Top Forks Hütte gegeben hatte, als Wanderer versuchten den wilden Wilkin River zu furten. Wir hatten somit alles richtig gemacht mit unserem Regentag in der Kerin Forks Hütte!
Es war bereits lange Dunkel, als wir in den Schlafsaal tigerten. Der dritte Abend in Folge, an dem Regen unser Einschlaflied war. Wir glaubten der Wettervorhersage nicht, dass der nächste Tag besser sein würde. Allerdings egal ob mit oder ohne Regen, wir würden über den Pass wandern.
Gillespie Pass Wanderung Tag 5: Es geht über den Pass – Siberia Hütte zur Young Hütte
Als wir erwachten fehlte etwas. Wir hörten klappernde Töpfe in der Küche, aber wo waren die Geräusche von Regentropfen auf dem Dach der Hütte. Schlaftrunken wankte ich in die Küche, denn es könnte schließlich auch ganz leichter Regen sein. Ich schaute durch die großen Panoramafenster, rieb mir die Augen. Unglaublich es regnete nicht. Sofort war meine Müdigkeit wie weggeblasen. Ich betrachtete voller Freude die Szenerie aus Nebel, der in Schwaden durch das Tal waberte, in der Ferne eine Bergspitze im Morgenrot. Ich suchte die Wasserfälle von gestern. Jedoch waren viele von ihnen verschwunden. Auch die Holztische im Freien waren ziemlich getrocknet.
In Hochstimmung saßen wir beim Frühstück. Sollten wir noch auf den Wetterbericht vom Ranger um 08:30 Uhr warten oder einfach loswandern. Wir entschieden uns für letzteres. Nichtsdestotrotz waren unsere Füße nach wenigen Metern pitschnass, denn das Gras im Tal triefte nur so von Tautropfen. Immerhin waren es nur unsere Füße und bei mir noch etwas die Hose im Bereich der Knie, denn so hoch wuchs das Gras.
Zügig wanderten wir durch das Siberia Tal, querten den Gillespie Fluss und erreichten anschließend den Waldrand. Hier holte uns Graham ein und verkündete, dass uns blauer Himmel mit vereinzelten Wolken am Pass erwarten würde und auch morgen sollte es noch Sonnenschein geben. So lautete die Wettervorhersage. Sollten wir nun endlich mal auf der Sonnenseite wandern? Wir stärkten uns für den bevorstehenden Aufstieg mit ein paar Nüssen und begannen dann den Berg zum Gillespie Pass hoch zu wandern. Zuerst ging es durch dichten Wald, immer in der Nähe des Gillespie Flusses entlang. Mal mussten wir über Wurzeln steigen, mal große Felsbrocken erklimmen.
Als der Wald immer lichter wurde und wir die Bushline erreichten blendeten uns Sonnenstrahlen. Ein tolles Gefühl, dieses Licht zu sehen, diese Wärme auf der Haut zu spüren. Auch wenn der Abschnitt durch die Graslandschaft unglaublich steil war und wir alle 20 m eine Verschnaufpause einlegten, war unser Eifer den Pass zu erreichen ungebrochen. Linker Hand öffnete sich das Tal mit dem Gillespie Fluss und am Ende sahen wir steil den Mount Awful aufragen mit fünf großen Schneefeldern, aus denen sich viele Wasserfälle ergossen.
Kurz vor dem Pass wurde es in einem felsigen Abschnitt noch mal richtig steil und Manu meinte im Himalaya zu wandern: die Beine schwer, die Luft zu dünnen um gescheit zu atmen. Doch dann standen wir oben und wie um Manus Aussage zu bekräftigen war um den Markerpole für den Pass eine Gebetsfahne gewickelt.
Oben auf dem Pass pfiff uns kalter Wind um die Ohren, doch die Sonne schien durch Wolkenlücken und wir sahen blauen Himmel. Wir hatten es geschafft: oben auf den Gillespie Pass stehend genossen wir das atemberaubende Bergpanorama. Wir kamen aus dem Staunen nicht heraus. Trotz Jacken war der Wind jedoch so ungemütlich, dass wir uns einen windgeschützten Platz suchten, verträumt mit Blick auf die ziehenden Wolken ein paar Nüsse und Schokoladenkekse knabberten und warteten bis Graham kam. Die Gillespie Pass Wanderung soll eine Alternative zum Routburn Track, dank vergleichbarer Ausblicke, sein und dies war er wirklich.
Schaut euch unser nachfolgendes Video zur Gillespie Pass Wanderung an
Hiking the Gillespie Pass in New Zealand from Thomas Guthmann on Vimeo.
Zu dritt machten wir uns an den steilen Abstieg. Auch wenn dieser auf die Knie drückte war er gefühlt schnell zu Ende. Ich würde behaupten, dass wir keine Stunde brauchten. Im Tal angekommen waren wir uns einig, dass wir die richtige Entscheidung getroffen hatten, den Gillespie Pass in dieser Richtung zu wandern.
Von nun an führte der Weg entlang des Young River. Mal durch Graslandschaft, mal über Felsen oder aber durch Wald. Ich ging voran, gefolgt von Manu. Den Abschluss bildete Graham und es war unbeschreiblich ihn dabei zu haben: er hatte so viel zu erzählen, war ein Lexikon für die umliegende Pflanzen- und Tierwelt. Ich kam mir vor wie bei einer dieser total teuren Guided-Tours: Manu und ich mit unserem privaten Guide, der uns die Natur Neuseelands erklärt. Es war weltklasse!
Urplötzlich und ohne jedes Zeitgefühl erreichten wir die Young Hütte. Sie war mitten im Wald platziert, als wäre eine quadratische Lichtung zum Bau dieser Hütte geschlagen worden.
Wir suchten uns unser Nachtlager und hingen unsere Sachen zum Lüften in die Sonne, denn zum ersten Mal mußten die Schuhe, Socken oder Hosen nicht trocknen! Wir machten es uns bequem, aßen etwas und lauschten glücklich doch auch recht geschafft vom Pass den Geschichten der anderen Wanderer, welche von Makrarora zur Young Hütte gewandert waren. Als es langsam dunkel wurde begaben wir uns ins Bett, um Kraft für den letzten Tag zu schöpfen. Wir wollten morgen wieder zusammen mit Graham weiterwandern, denn er war zuversichtlich einen Weg über den Makarora Fluß zu finden! Wie tief der Fluß wohl werden würde? Ob wir ihn queren könnten? Mit diesen Gedanken sanken wir langsam in den wohlverdienten Schlaf.
Doch die Nacht war sehr unruhig, denn es war schon lange dunkel und dennoch kamen immer wieder neue Wanderer, die ohne Rücksicht auf die bereits schlafenden Wanderer den Schlafsaal stürmten. Türen wurden geknallt, mit flutlichtartigen Stirnlampen wurde alles abgeleuchtet. Nicht gerade eine Atmosphäre, die zum Schlafen einlud.
Gillespie Pass Wanderung Tag 6: Zurück in die Zivilisation – Young Hütte nach Makarora West
Es war der letzte Morgen in der Wildnis. Zusammen mit Graham frühstückten wir und brachen dann auf. Wir kamen wieder in den Genuß von Grahams Wissen und hatten einen lehrreichen Vormittag. Kurz nach unserer Mittagspause kamen uns 2 Jungs entgegen, die je ein Kanu hinter sich herzogen. Von diesen erfuhren wir, dass es nicht mehr weit bis zum Makarora Fluss war. Ob wir diesen würden furten können, konnten sie uns allerdings nicht sagen, da sie mit ihren Kanus übergesetzt waren.
Nach weiteren zwei Stunden waren wir fast am Ende unserer Wanderung angekommen. Wie bereits vor 6 Tagen standen wir vor dem Makarora Fluss, in den hier der Young Fluss mündete. Nun würde es sich entscheiden: könnten wir den Fluß queren oder müßten wir weitere 7 km zu den Blue Pools laufen und dann noch weiter nach Makarora West, wo unser SleeperVan parkte? Wir hofften auf ersteres, denn die Ausweichroute zur Brücke der Blue Pools beinhaltete ein paar steile Kletterpartien, da nur die Hochwasserroute passierbar war. Graham war optimistisch, dass wir den Makarora queren könnten und erkundete den Flusslauf. Es gab keine bessere Stelle zum Furten als die vor uns liegende. Ein Jetboat rauschte vorbei, Hände wurden zu uns winkend rübergeregt, allerdings nur um „Hallo zu sagen“ und nicht für eine Mitnahme. Obwohl der Makarora Fluss tiefer und wilder als am ersten Tag unserer Wanderung aussah, entschieden wir uns zum Furten. Mit Graham hatten wir einen erfahrenen Wanderer an unserer Seite und eigentlich sah der Fluss nur auf einer breite von 3 m gefährlich aus.
Also zogen wir uns bis auf die Unterhose aus. Unsere Wanderschuhe ließen wir an, um besseren Halt im Fluß zu haben. Die ersten Meter waren einfach und der Fluß war nicht allzu kalt. Doch dann begann es immer tiefer und die Strömung immer stärker zu werden. Graham schaffte es als Erster auf die andere Seite, ihm reichte das Wasser bis kurz unter die Hüfte. In der Drei-Bein-Technik arbeitete ich mich langsam vorwärts. Doch mit jedem Schritt wurde die Strömung stärker: meine Füße rutschten immer öfter von Steinen, die Trekkingstöcke zitterten unglaublich stark im Wasser, so dass sie eher hinderlich waren. Mein Puls ging schneller, ich wurde nervös. Letztendlich entschloss ich mich die Trekkingstöck aus dem Wasser zu nehmen. Schlagartig verbesserte sich meine Lage.
Jedoch erging es Manu nicht so gut wie mir. Auch ihre Stöcke zitterten im Wasser, zusätzlich wurde sie immer weiter von der Strömung abgetrieben. Kläglich rief sie um Hilfe. Ich schmiss meine Trekkingstöcke ans Ufer zu Graham und auch er war bereits wieder dabei ohne seinen Rucksack zurück ins Wasser zu laufen. Ich erreichte Manu als Erster, stelle mich hinter sie um ein weiteres abtriften zu verhindern. Graham ergriff ihre Trekkingstöck und nahm Manu an der Hand. Ziehend und schiebend bewegten wir uns nun als Dreiergespann ans rettende Ufer.
Wir schafften es, waren überglücklich und Graham unsagbar dankbar, denn ohne ihn wäre unsere letzte Furt sicherlich nicht so glimpflich verlaufen. Wir trockneten uns etwas ab, schütteten zum letzten Mal das Wasser aus unseren Wanderschuhen und gingen vom Flussufer an die Straße, welche nach Makarora West führte. Denn dort erwartete uns Gail mit dem Camper. Es war ein großes und freudiges Hallo. Wir berichteten von der tollen Aussicht vom Pass, der schlechten Nacht in der Young Hütte und der abenteuerlichen letzten Furt. Die beiden nahmen uns noch mit bis zu unserem SleeperVan und verabschiedeten sich mit einer Einladung zu ihnen nach Nelson.
Unser Abenteuer Gillespie Pass beendeten wir mit der Fahrt nach Wanaka, wo wir zur Belohnung einen großen Eisbecher von Patagonia genossen.
One Response
doris
ich bin immer wieder verzaubert von euren abenteuerlichen Reiseerlebnissen, Bildern und Geschichten … und stöber vor und zurück wie in einem guten buch!