Leute, die uns kennen oder den Blog lesen wissen, dass wir gerne wandern. Berge, schroffes Gestein, vor allem aber die Aussicht vom Gipfel locken uns. Diese spornt uns immer wieder aufs Neue an, Kilometer um Kilometer zurückzulegen und dabei Schritt für Schritt aufzusteigen. Auch wenn nichts so schnell zerronnen ist wie einmal erwanderte Höhenmeter beflügelt uns das Gipfelpanorama immer wieder aufs Neue und ist jede Schweißperle wert, die über unser Gesicht läuft.
Nichtsdestotrotz gibt es ein Problem.
Ihr habt sicherlich schon mal gesehen, wie dynamisch und voller Kraft Katzen einen Baum hochklettern. Zuerst wird von unten das Ziel in Augenschein genommen, der Schwanz zuckt und ruckt. Der Baum wird anvisiert, wie als wolle die Katze sagen: „Dir zeig ich’s!“. Die Pupillen werden immer größer. Und dann geht es mit in die Rinde geschlagenen Krallen dynamisch den Baum hinauf, der Schwanz peitscht hin und her und der Gesichtsausdruck der Katze ist der eines Siegers. Wenn ich solch eine Szene beobachte frage ich mich, ob Katzen etwas von Eichhörnchen haben, wenn man sie so manchen Baum erklimmen sieht.
Ist die Katze an ihrem Ziel angekommen, sei es nun eine Astgabel oder ein dicker Ast mit ausreichend Platz, tritt eine Veränderung ein: Die Katze wirkt alles andere als selbstbewusst und energiegeladen. Im Gegenteil, sie ist total ruhig und muss sich erst mal hinsetzen und ausruhen. Man gewinnt den Eindruck, dass sie sich alles andere als wohlfühlt in ihrer Situation. Fast könnte man den Eindruck gewinnen sie wälzt den Gedanken: „Was habe ich mir dabei nur gedacht?“.
Irgendwann geht dann das Katzengejammer los: Kläglich und hilfesuchend wird miaut. Das Kraftpaket ist zu einem Häufchen Elend geworden. Die Katze sieht sich außerstande den Weg nach unten anzutreten. Möchte abgeholt werden, wartet auf die rettende Feuerwehr. Nimmt sie dann doch irgendwann all ihren Mut zusammen, da kein rettender Superheld naht, hat sie all ihre Eleganz verloren und der Weg runter vom Baum sieht alles andere als grazil aus.
Nicht ganz so dramatisch aber ähnlich verhält es sich mit unserem Gipfelsturm. Den Weg nach oben bestreiten wir voller Spaß und energiegeladen. Manch knifflige Passagen werfen zwar den Gedanken auf „Wie kommen wir hier wohl wieder runter?“, aber die Euphorie des Gipfelsturms verdrängt zielsicher solche Miesmacher.
Am Gipfel angekommen berauscht uns die Aussicht. Ausgelassen lachen wir, stoßen „Boas“ und „Wows“ aus, toben ausgelassen auf der Spitze rum und machen Fotos. Langsam kehrt Ruhe ein und mit der Gipfelrast bahnt sich die Erkenntnis ihren Weg in unsere Gedanken: „Wir müssen noch runter!“.
Die Lust auf den Rückweg hält sich in Grenzen
Leider wissen wir nur zu gut, was uns alles beim Abstieg erwartet, denn wir kennen ja die Strecke. Hoch zu klettern ist deutlich einfacher als einen Weg hinab zu finden, wenn man nicht sehen kann, wo an der senkrechten Felswand man seinen Fuß hinsetzen soll.
Felsige, 1 m hohe „Treppenstufen“ zu erklimmen ist leichter, als sich diese hinabfallen zu lassen. Spätestens nach der 20igsten vermelden die Knie: „Hallo!? Sag mal, geht’s noch?“. Hinauf war nur die Kondition gefordert, hinab knirschen die Gelenke und ächzen die Knochen. Die Energie, die uns beim Weg zum Gipfel durchströmte, ist wie weggeblasen.
Besonders ins Herz geschlossen haben wir ziemlich schräge Passagen mit kleinen Steinen auf dem Weg, welche nicht größer sind als Murmeln, aber genauso rund. Schneller als uns lieb ist geht es in diesen Abschnitten abwärts, nicht selten mit einem Spagat verbunden, der die Hosennähte an ihre Belastungsgrenzen bringt.
So schön es auf dem Gipfel ist, so sehr graut es uns vor dem Weg nach unten. Wir fühlen uns wie eine Katze auf dem Baum und haben uns so manches Mal einen Hubschrauber gewünscht, der uns nach unten bringt. Ganz zu schweigen, dass solch ein Hubschrauberflug das Gipfelpanorama wohl noch um einiges toppen würde. Doch so lange uns kein Hubschrauber abholt müssen wir weiterhin selbst zurückwandern, denn es wird uns immer wieder auf die Gipfel ziehen.
6 Responses
Claudia
Ja, das Abwärts steigen hat es in sich. Das erfordert viel mehr Konzentration als aufsteigen – und das dann zu einem Zeitpunkt wo man ja schon einige Wanderstunden hinter sich hat…
Ich war mal mit ein paar Leuten unterwegs. Wir sind einen tollen Trail aufgestiegen zu einer Alm. War jetzt kein Gipfelsturm und der Pfad voll o.k. Für eine aus der Gruppe (ich nenne sie mal Susi) aber zu steil und ich fragte nach ob wir besser umkehren und im Tal in ein Lokal gehen sollten. „Nein, alles gut.“ – und dann hatten wir ein paar schwierigere Passagen hinter uns als Suso eine sagte: „Da geh ich nicht wieder runter!“ Erst hielt ich es für einen Scherz, aber als ich dann merkte, dass es ernst war schlug ich relativ bestimmt sofortiges umkehren vor. „Nein, weil da geh ich nicht wieder runter!“, wurde mein Vorschlag abgelehnt und der weitere Aufstiegs durchgesetzt.
Nun wanderten wir glücklicherweise zu einer Alm und meine die Hoffnung war, dass es auch einen Fahrweg nach oben gibt. Das war dann zum Glück der Fall, so dass wir diesen zurückgehen konnten.
Rate mal mit wem ich nie wieder in den Bergen wandern gehen werde…
Markus
Dennoch – für die Aussichten lohnt sich jeder Abstieg!
Michael
Ja Thomas, so ist das im Leben. Das eine will ich und das andere muss ich;-)
Sagenhafte schöne Aufnahmen. Dafür lohnt sich doch jeder Abstieg.
Thomas
Hallo Markus, hallo Michael,
ihr habt natürlich beide recht, dass es sich wegen der Aussichten mehr als lohnt auch den Abstieg in Angriff zu nehmen.
Nichtsdestotrotz ist dieser – wie beschrieben – weit weniger spaßig. :-)
Viele Grüße
Thomas
Biene aka BabyMufflon
Hallo Thomas,
der Vergleich mit der Katze ist cool!
Die ‚Begeisterung‘ für den Abstieg kommt mir bekannt vor. Ich find’s ja immer gut, wenn es für den Abstieg ein Bähnle gibt!
Viele Grüße
Biene
Thomas
Hallo Biene!
Ein Bähnle wäre zwar eine angenehme Art wieder vom Gipfel zu kommen aber bitte bloß nicht! Die Zugspitze ist ein gutes Beispiel wie voll es dann oben auf einem Gipfel ist und mit was für einem Klientel.
Ich bleibe da 1000 x lieber bei der Katze :-)
Viele Grüße
Thomas