Der gestrige Tag war total verregnet gewesen, sodass wir mit unserem CamperVan lediglich die Straßen zwischen Tromsø und Lyngseidet erkundeten auf der Suche nach einem schönen Plätzchen zum Übernachten. Heute am Morgen dagegen wurden wir bereits um 07 Uhr von der Sonne wach geküsst, sodass wir schnell frühstückten und uns auf nach Lyngseidet machten, um von dort auf den Rørnestinden zu wandern.
Wir stellten unseren CamperVan vor dem Ortseingang von Lyngseidet auf einem Wanderparkplatz, der sich circa 200 m von einer Fabrik entfernt befindet, ab und überquerten auf einer abenteuerlichen Brücke einen kleinen Bachlauf. Auf der anderen Uferseite wanderten wir parallel zum Ufer auf einem schmalen Pfad, der sich durch ein dicht bewachsenes Birkenwäldchen schlängelte. Um uns herum summte, brummte und läutete es. Läuten? Wir waren etwas verdutzt! Was sollte dies hier mitten im Wald sein?
Nach ein paar weiteren Kurven sahen wir die Ursache für das Gebimmel: Vier Schafe trotteten durch den Wald und fanden mal hier und mal da etwas Grünes zum Fressen. Dabei bimmelten die Glocken, welche sie um den Hals trugen. Wir konnten kaum glauben, dass es ihnen Spaß machte sich durch den dicht bewachsenen Wald zu drücken. Doch scheinbar lieben nicht nur die Norweger das Wandern und so bahnten sich die Waldschafe trittsicher ihren Weg über die Hänge.
Nachdem wir den Birkenwald hinter uns gelassen hatten eröffnete sich vor uns eine Hochfläche in Form eines Kessels unterhalb der Berge Rørnestinden, Kvalvikfjellet und Kavringtinden. Bereits von hier hatten wir eine tolle Sicht auf die umliegende Bergwelt und die Fjorde und wir erblickten gegenüber von uns am Fuße des Kavringtinden die Rørneshytta (610 m). Wir nutzten dieses idyllische Fleckchen für eine Pause und genossen in Ruhe ein paar Nüsse.
Bisher konnten wir einem gut sichtbaren Trampelpfad folgen. Als wir unsere Wanderung fortsetzten wurde dieser jedoch immer unscheinbarer und verschwand irgendwann gänzlich bzw. bog in die für uns falsche Richtung zur Rørneshytta ab. Fortan mussten wir selbst einen Weg in Richtung des Gipfels finden. Zu allem Überfluss endete die Bergwiese recht schnell und vor uns lag ein riesig erscheinendes Geröllfeld. Genau das, was wir nicht so mögen … Wir schauten uns an und wussten ohne Worte, dass wir beide an unsere Wanderung zum Tombstone im Yukon dachten … Erschwerend kam hinzu, dass die roten Markierungen nur schwer zu erkennen waren, da sie, angebracht an Steine, recht weit auseinander lagen.
Irgendwie bahnten wir uns unseren Weg der Spitze des Rørnestinden (1041 m) entgegen, schließlich wussten wir grob die Richtung: „Immer bergauf“ und fluchten des Öfteren wegen des reichlichen Gerölls und losen Schutts. Doch als wir den Gipfel erreichten war aller Schweiß, jeder Stein, jeder Felsbrocken auf dem Weg nach oben schnell wieder vergessen. Die Aussicht machte uns sprichwörtlich sprachlos: Tausend Meter unter uns lag das kleine Dörfchen Kjosen und Lyngseidet. Türkisblau erstrahlten die Fjordarme des Ullsforden und Lyngenfjord. Über den Kvalvikfjellet schoben sich Wolken und fielen etwas in den Fjord hinab, sodass sich eine Wolkenschicht bildete und über alledem standen wir alleine auf dem Gipfel des Rørnestinden und hatten diesen magischen Moment nur für uns zwei.
Wir verbrachten eine ausgiebige Pause über den Wolken, genossen den fantastischen Ausblick und ich kam ins Träumen was wohl gewesen wäre, hätten wir das Zelt und die Schlafsäcke mitgenommen. Sicherlich wäre der Aufstieg noch schweißtreibender gewesen und ob das Wetter uns derart wohl gesonnen am Abend oder in der Nacht geblieben wäre … Wer weiß. So war ich zufrieden mit dem was sich uns darbot und wir waren die glücklichsten Menschen auf dem Gipfel und ließen uns die Sonne auf den Pelz scheinen.
Der Abschied fiel uns schwer, doch irgendwann war die Zeit zum Abstieg gekommen. Dieser gestaltete sich deutlich einfacher als der Weg hinauf, denn von hier oben konnten wir einen kaum sichtbaren Pfad im Geröll erkennen, den wir regelrecht hinuntergleiten konnten. Nicht verwunderlich, dass wir an den Glisade Pass bei unserer Wanderung durch den Tombstone Territorial Park im Yukon erinnert wurden … und wie auch beim Glisade Pass fluchte Manu auch bei diesem Abstieg, da sie keine Geröllfelder mag, egal in welche Richtung. Zum Glück war das es schnell überwunden und schon bald fanden wir uns im seichten Fjell und dem sonnendurchfluteten Wäldchen wieder.
Als wir unseren CamperVan erreichten war unserer Proviant aufgebraucht und unsere Trinkblasen leer. Wir waren gut verschwitzt und unsere Wanderklamotten zierten weiße Salzränder vom Schweiß. Fast 20 km war diese Wanderung lang gewesen (in Abhängigkeit der eigenen Wegfindungsfähigkeiten) und wir hatten knapp sechs Stunden dafür benötigt. Wir nutzten den kleinen Bachlauf neben unserem CamperVan für eine kurze Erfrischung bevor es uns weiter zog auf unserer Reise durch Norwegen.
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