Der Antelope Canyon nahe der Stadt Page ist vermutlich der schönste und meist fotografierte Slot Canyon der Welt. Wind und Wasser sind die Meister, die diese Slot Canyons so kunstvoll in den rötlichen Navajo-Sandstein schliffen. Wenn Licht in die Canyons dringt erkennt man deren wahre Schönheit. Das orange-rötliche Gestein beginnt zu erstrahlen, fast als würde es von innen heraus leuchten. Doch erst wenn Lichtstrahlen sich ihren Weg in die engen Canyons suchen, weiß man, wieso alljährlich Millionen Besucher hierher strömen! Immer auf der Suche nach dem einen Foto – dem Motiv, das einmal für Millionen US $ verkauft wurde!
Jeder kennt wahrscheinlich das eine Bild dieses berühmten Canyons: ein sanfter Lichtstrahl fällt in eine Schlucht aus glattem, orangenem Gestein. Dieses Bild wirkt mystisch, unwirklich, fast zu schön um echt zu sein. Dieses Bild, aufgenommen vom Landschaftsfotografen Peter Lik, ging um die Welt und durch alle Medien. Er gab dem Bild den passenden Namen „Phantom“ und verkaufte es an einen privaten Sammler für unglaubliche 6,5 Mio. US$ !! War dies ein „Once in the lifetime“ Foto? Eine glückliche Fügung von richtiger Zeit, richtigem Ort und nötigem Know-How eines Profis?
Nun, Liks verkaufte noch weitere Bilder von diesem Canyon und zwar „Illusion“ für 2,4 Mio. US$ und „Eternal Moods“ für schlappe 1,1 Mio. US$. Ich schreibe das nicht aus Neid, schließlich sind die Bilder wirklich schön, auch wenn ich persönlich die gezahlten Summen nicht nachvollziehen kann, sondern um zu zeigen, dass der Antelope Canyon einfach dafür gemacht ist solche einmaligen und wunderschönen Bilder zu fotografieren. Kein Wunder also, dass alljährlich scharenweise Besucher zu diesen Canyons strömen. Man muss nur eine Suchmaschine bemühen und findet hunderte solcher Augenblicke mit der Kamera festgehalten. So wollten auch wir diesem Slot Canyon, der so einsam, sanft und mystisch wirkt einen Besuch abstatten. Natürlich zusammen mit unserer Kamera!
Doch zuvor stellte sich erst einmal die Frage, was der Antelope Canyon überhaupt ist. Bei dem Antelope Canyon handelt es sich um einen sogenannten Slot Canyon in Arizona nahe der Stadt Page im Südwesten der USA. Wie alle Canyons wurde auch dieser von einem Fluss, dem Antelope Creek, über Jahrmillionen in das Gestein geschliffen. Im Gegensatz zu anderen Canyons, wie z.B. dem riesigen Grand Canyon, sind Slot Canyons um einiges tiefer als breit und bilden damit eine sehr, sehr enge Schlucht.
Der Antelope Canyon besteht aus zwei Teilen: dem Upper Antelope Canyon, auch „The Crack“ genannt, und dem Lower Antelope Canyon, auch „The Corkscrew“ genannt. Beide liegen auf dem Gebiet der Navajo Indianer. In ihrer Sprache heißt der obere Slot „Tsé bighánílíní“, was soviel bedeutet wie „Ort an dem das Wasser durch den Fels fließt“ und der untere Slot heißt „Hazdistazí“, was soviel bedeutet wie „spiralförmiger Steinbogen“. Doch nicht nur die Form, sondern vor allem das Gestein des Antelope Canyons machen diesen Ort so einmalig, denn Canyonwände bestehen aus Navajo-Sandstein, einem besonders farbenprächtigen Gestein, das durch das einfallende Licht fast zu glühen scheint.
Wir fuhren durch die sengende Hitze Arizonas nach Page. Page ist eine kleinere Stadt mit knapp 7000 Einwohnern. Hier gibt es nicht viel. Häuser, ein paar FastFood-Shops, doch vor allem Anbieter für Touren in die beiden Canyons, denn nur mit einer Tour sind diese zu besichtigen. Dabei hat man entweder die Möglichkeit eine private Tour zu buchen, die seit 1987 die Erlaubnis haben, den Canyon zu betreten oder man bucht eine Tour direkt bei den Navajo. Diese errichteten 1997 den Navajo Tribal Park und bieten seither selbst Touren an.
Wir wollten den oberen Slot Canyon besuchen. Dieser liegt ebenerdig und ist heller. Allgemein gilt er als der Schönere und hier kann man mit etwas Glück die begehrten Lichtstrahlen entdecken. Der untere Canyon dagegen liegt tiefer. Hier muss man über Leitern in den Slot Canyon einsteigen. Daher überwiegt hier mehr der Spaßfaktor. Dafür gibt es hier aber auch viel weniger Lichtstrahlen zu bewundern. Da wir zudem die Möglichkeit zum Fotografieren haben wollten, wandten wir uns zuerst an die privaten Fototourenanbieter. Ohne Erfolg. Wie erwartet sind die sehr limitierten Plätze dieser Touren weit im Voraus ausgebucht, was für uns nicht in Frage kam, schließlich wollten wir unseren Besuch flexibel an das Wetter anpassen können, denn: ohne Sonne keine Lichtstrahlen! Zum zweiten ist für die Teilnahme an diesen Touren eine professionelle Kamera PFLICHT! Ich hatte aber nur ein Smartphone und hätte so erst gar nicht an diesen Touren teilnehmen dürfen. Also entschieden wir uns für Variante Nummero Zwei.
Der Wetterbericht kündigte einen wolkenfreien, heißen Tag an. Perfekt also für die Chance auf einen Lichtstrahl! Bereits eine halbe Stunde vor Öffnung des Reservates um 8:00 Uhr standen wir in einer Autoschlange vor dessen Toren. Hier sei angemerkt, dass es sinnvoll ist, draußen zu parken und hinein zu laufen. Ersten ist man so schneller an der Reihe als brav in einer Autoschlange zu warten und zweitens spart man sich den Eintritt von 8 US$ an dieser Stelle – schließlich muss man später für die Tour ja abermals das Reservat betreten und somit erneut bezahlen.
Die Touren kosten 40 US$ pro Person und werden jede Stunde angeboten. Die Mittagsstunden sind besonders beliebt, sind sie doch ein Garant für die Lichtstrahlen. Wie beliebt die Touren waren sollten wir auch wieder erleben: Thomas stieg aus dem Wagen und lief gemächlichen Tempos Richtung Ticketschalter als ihn die ersten Leute rennend(!) überholten und weitere sich bereits auf den Weg machten. Doch wir hatten Glück und ergatterten noch zwei Plätze für eine Tour um 11 Uhr! Perfekt, denn dann wären wir gegen 12 Uhr im Canyon, wenn die Sonne am höchsten stand und die Chance auf die begehrten Lichtstrahlen am höchsten war.
Als wir uns rechtzeitig für unsere Tour wieder am Reservat einfanden waren hier bereits unzählige Leute am warten. Das Geschäft mit den Touren schien gut zu laufen. Eins, zwei schnelle Anrufe und schon hatten sie weitere Jeeps geordert und riefen freudig weitere Touren für die so beliebte Mittagszeit aus. Kurz vor 11 Uhr ging es los. Gut 12 Jeeps kamen an und wir wurden auf die verschiedenen Fahrer aufgeteilt: ca. 14 Leute pro Jeep. 12 davon hinten auf der Ladefläche und zwei zusammen mit dem Fahrer vorne. Wir hatten das riesige Glück vorne sitzen zu können, denn die Fahrt war sehr holprig und es ging durch den losen Sand des Flussbettes in einem wilden Tempo. Jetzt kann sich wohl jeder vorstellen, wie die Leute danach aussahen, wenn eine Jeep-Kolonne durch den Sand heizte. Zum Glück kannten die Fahrer die Strecke in- und auswendig, denn die Sicht war teilweise Null.
Am Canyon angekommen wurde uns das Ausmaß der Kommerzialisierung des Canyons erst richtig bewusst. Überall wuselten Menschen umher. Natürlich waren wir nicht allein, schließlich starteten ja 11 weitere Jeeps mit uns, doch zu diesen gesellten sich hier noch die verschiedenen privaten Touren der drei anderen Veranstalter. Geschätzte 300 Menschen machten sich also bereit den schmalen Canyon zu besichtigen. Wir wurden kurz von unserem äußerst netten und kompetenten Führer eingewiesen und dann ging es los. Jetzt hieß es bloß nicht ihn oder unsere Gruppe zu verlieren. Sobald wir den Canyon betraten war eines klar: Gute Fotos kann man hier nicht machen! Zum einen sind Stative nur auf den Fototouren erlaubt und ohne selbiges war es bei den Lichtverhältnissen kaum möglich, zum anderen war hier drinnen die Hölle los!!
Zu unseren 300 Leuten, die sich in den Canyon schoben, kamen die 300 Leute der vorherigen Führung, die versuchten, den Canyon zu verlassen. Und das in einem Slot Canyon, der stellenweise gerade einmal 2 Meter breit war. Es war ein einziges Gedränge und Geschiebe. Überall hörte man die Führer nach ihren Leuten rufen. Immer hieß es „Bitte weitergehen, rechts halten, los weiter!“. Zwischenzeitlich gab es Stau, wenn für die Fototouren Plätze kurzzeitig gesperrt wurden, damit sie ihre Stative aufbauen konnten. Zusätzlich war es hier drinnen noch extrem staubig. Doch abgesehen davon war es natürlich wunderschön. Das Gestein mit seinen sanften Formen und den leuchtenden Farben war einmalig. Ein verwunschener Ort aus Fels und Licht. Wären da nur nicht die schupsenden Leute gewesen…
Und dann geschah es ab und an, hier und da: ein Lichtstrahl suchte sich seinen Weg hinab in den staubigen Canyon. Das war DER Moment auf den ALLE gewartet hatten. Und jeder wusste, dass es nur eine Frage von Sekunden, vielleicht Minuten war, bis dieses Schauspiel wieder vorbei ist. Erschien ein Lichtstrahl war das Chaos perfekt, denn nun wollte jeder dorthin, schließlich wollte keiner diesen Ort ohne DAS Foto verlassen. Doch leider verflog in diesem Trubel auch der Zauber dieses Momentes, denn damit der Lichtstrahl schön zu sehen ist benötigt es Staubpartikel, welche im Licht deutlich sichtbar werden. Das heißt, sobald ein Lichtstrahl schwach im Raum erscheint, kommt ein Navajo Mitarbeiter und schaufelt unablässig Sand in den Lichtstrahl. Jedem Fotografen sei daher tunlichst von einem Linsenwechsel hier im Canyon abgeraten! Es sei denn man möchte danach seine Kamera in den Service geben.
Irgendwie hatten wir uns das alles etwas anders, weniger stressig, vorgestellt. Zwar war unser Führer äußerst nett und sehr darauf bedacht, dass wir alle unsere Fotos bekommen, doch dieses Geschiebe und Gedränge war so überhaupt nicht unseres. Völlig fertig fuhren wir zurück nach Page und genehmigten uns erst einmal einen großen Eiskaffee auf einer ruhigen Parkbank. Nur wir und unser Kaffee, keine Leute, kein Gedränge. Ganz entspannt und in genüsslicher Stille.
Klar ist der Antelope Canyon ein einmaliges und wunderschönes Schauspiel der Natur und wirklich lohnenswert, doch nur, wenn man weiß worauf man sich da einlässt. Alle Fotos, die Einsamkeit und Ruhe vermitteln sind entweder bei irgendwelchen richtig exklusiven Privattouren entstanden oder mit sehr viel Glück, der richtigen Perspektive und vielleicht auch etwas Photoshop, wer weiß. Doch wer die Masse nicht scheut, dem wird es hier sicherlich gefallen. Wir jedenfalls kamen mit zu naiven Vorstellungen an, geleitet durch einsam wirkende Fotos im Internet. Wir haben zwar unser Foto vom Lichtstrahl schießen können, doch die Massen an Leuten, diese laute Hektik und das ganze Drumherum machten den Antelope Canyon für uns zu einer wahren „once in a lifetime experience“ – einmal reicht völlig!
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Hartmut
Mensch, das klingt ja ein wenig stressig… wir waren ja ein Jahr vor euch da, allerdings auch zur Hauptsaison. Wir hatten uns damals für den Lower Canyon entschieden, kostete nur 20$ pro Nase bzw 12$ jeweils für die Kids. Wir konnten die paar Schritte zum Canyoneingang zu Fuß gehen und es war auch überhaupt nicht voll, obwohl wir glaube ich auch so um die Mittagszeit dort waren, wenn ich mich recht erinnere. Ich habe die Tour eigentlich ganz entspannt in Erinnerung. Sicherlich waren wir nicht die einzigen im Canyon, aber andere Gruppen haben wir glaube ich nur einmal getroffen, und das war ne Fototour, die in der entgegengesetzten Richtung unterwegs war.
Ich könnte mir schon vorstellen, nochmal hinzufahren. Nun ja, tolle Fotos habt ihr aber ja auf alle Fälle mitgebracht (einen Lichtstrahl gab es bei uns nicht).
LG aus dem hohen Norden,
Hartmut